1900 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Kirchhoff, Alfred
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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I, (Europa.
also zur Tiefebene, sodaß hier der Weinbau an der Donau beginnt. Der
Strom beschreibt hier ein nach S. offenes Viereck, in dessen No. der Wiener
Wald vorreicht; an dessen So.-Fuß *Wtcn, wo die Donaustraße ge-
schnitten wird von der aus fernem No. durch die Lücke zwischen Sudeten
und Karpaten die March herabkommenden und (als jetzige Südbahn) zum
N.-Ende des adriatischen Meeres weiterführenden Straße. An diesem
wichtigsten Straßenkreuz des sö. Mitteleuropa hat sich Wien zur schönsten,
lebensvollsten und größten Stadt Österreichs von 1.4 Mill. E. entfaltet,
nahe der Berührung von Deutschen, Tschechen und Ungarn ist es nicht
allein von Deutschen bewohnt, steht durch die Donaudampfschiffahrt in
regem Verkehr mit So.-Europa, ist aber nicht nur Handels-, sondern
auch bedeutende Industriestadt (Maschinenbau, Fabrikation von Seiden-
stoffen, Shawls [jdhäls], Teppichen, Klavieren, Gold- und Silberwaren),
zugleich politischer und geistiger Mittelpunkt Österreichs, seine größte Uni-
versität. Auf dem Weg zum Semmering-Paß an der Leitha Wiener
Neustadt mit beträchtlicher Baumwollweberei und Eisenindustrie. Ost-
wärts von Wien zwischen Donau und March das schlachtenberühmte
Marchfeld.
10. Mähren ist innerhalb seines dreiseitigen waldigen Höheneinschlusses
ein sehr fruchtbares Land. Unterhalb der Festung Olmütz an der March
die weizenreiche Niederung der Hanna (das „mährische Kanaan"), deren
wohlhabende tschechische Bauern, die Hannaken, zugleich durch ihre treffliche
Pferdezucht berühmt sind. In den s. Niederungen an der March und ihrem
w. Zufluß, der Thaja, gesellt sich zum Getreidebau umfänglicher Zucker-
rüben-, Obst- und Weinbau. Die Schafzucht der Gebirge liefert Wolle
und der ebenda gut gedeihende Flachs war von jeher Grundlage für fleißige
Leineweberei, an die sich auch hier neuerdings Maschinenweberei in Wolle
und Baumwolle anschloß. So erwuchs die Hst. 'Brünn (ander Schwar-
zaiva^, einem n. Zufluß der Thaja) durch Webeindustrie zu einer Größe
von nahezu Ht. E.
11. Österreichisch-Schlesien zu beiden Seiten eines längs der Oder
nach der preußischen Grenze hinziehenden Streifens von Mähren, ein trotz
rauhen Gebirgsklimas fleißig bestelltes Land, wo gleichfalls Schafzucht
und Flachsbau umfangreiche Woll- und Leineweberei begründete. Der
schmale gen Nw. ausgedehnte Flügel zwischen Mähren und Preußisch-
Schlesien ist Sudetenland und Odergebiet, seine Bevölkerung im Nw.
deutsch, im So. tschechisch: hier die Hst. Troppau an der Oppa (dem
Grenzfluß gegen Preußen) mit Tuchfabrikation. Die fast quadratische
O.-Hälfte zwischen Mähren und Galizien, Preußisch-Schlesien und Un-
garn ist Karpatenland und teils Oder-, teils Weichselgebiet, seine Bevöl-
kerung überwiegend polnisch. An der Olsa, die gen Nw. (gleichlaufend
mit der oberen Weichsel) zur Oder fließt, die Handelsstadt Teschen an
* d. h. Schwarzfluß; awa (verwandt mit Ache und lat. aqua) heißt im Sla-
wischen Fluß, vergl. Morawa (S. 22).