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1900 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Kirchhoff, Alfred
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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I. (Europa.
bruchsmassen, die ebenso wie diejenigen auf der hohlen Innenseite
der Apenninen auf Einsturz deuten. Ganz in die Tiefe versunken ist
der mittlere Teil der in den Karparenbogen eingeschlossen gewesenen
Gebirgsmassen; darum reicht die Tiefebene zwischen dem nordungari-
schen Bergland und Siebenbürgen unmittelbar bis an den äußersten
Gürtel heran.
Siebenbürgen besteht in seinen Innenflächen aus Absätzen des
Tertiärmeers. Diese blieben hier als Horst in der Höhe, während sie
im Bereich der heutigen ungarischen Tiefebene versanken. Hier breitete
der Wind während der Diluvialzeit über sie Sand und Löß^, sodaß
der jetzige Boden dieser ganzen Ebene tafelglatt und völlig steinlos ist.
Der nämliche Lößaufschutt deckt aber auch das Vorland der Karpaten
in Galizien und in der Bukowina, hier wie in Ungarn die große Boden-
sruchtbarkeit bedingend.
Je mehr die Donau ihr Durchbruchsthal nach Rumänien hin
eintiefte, desto mehr fanden die Gewässer Abfluß, mit denen Donau
und Theiß ihre Ufer übersumpften. Die breiten Sumpfstreifen an
den s. gerichteten Strecken beider Ströme schieden einst durch ihre Un-
gangbarkeit den O. vom W. der niederungarischen Ebene. Den O.
bewohnten im Altertum Thrazier, den W. Jllprier; die illprische
Römerprovinz Pannonien reichte nie über das Donauknie hinaus,
die nordthrazische Römerprovinz Dazien? nie über die Theiß nach W.
Das Weideland der waldleeren ungarischen Niederung vermochte noma-
dische Reitervölker leicht zu beherbergen, und die südrussischen Steppen
eröffneten solchen von fernem O. her dorthin freie Bahn. Wiederholt
hielten daher von O. eingefallene Nomaden hier Lager und richteten von
hier aus die Donau aufwärts ihre Raubzüge nach W., so die Hunnen
und später die türkischen Awaren; letztere bargen ihren Raub in großen
Ringwällen zwischen Donau und Theiß. Erst die Ungarn (die sich
selbst Magyaren [madjaren] nennen) beherrschten dauernd die ganze
Ebene und bald auch ihre Umgebung. Sie ritten gegen das Jahr 900
von O. her ein, machten hundert Jahre später durch Annahme des
Christentums Frieden mit den christlichen Völkern des W. und wurden
seßhaft. Indessen lieben sie noch heute das freie Wohnen in dörflich
offenen Städten, sind vorzügliche Reiter ^ (von kräftigem, indogerma-
nischem Aussehen trotz ihrer finnischen Sprache) und überschreiten die
Grenzen ihrer Ebene nur mit dem Stamm der Szekler [ßefter], der
einst als Grenzhut in Siebenbürgen angesiedelt wurde. Deutsche
1 Löß ist ein mürber, gelbbrauner Lehmboden, dessen feinste Teilchen in be-
sonders dürren Zeiträumen der Diluvialzeit (nebst Sand) als Erzeugnis der Ge-
sleinsverwitternng von der bewegten Luft vertragen und dann hauptsächlich in Boden-
Vertiefungen (Thälern, Kesselebenen) oder an Gebirgsabhängen aufgehäuft wurdeu.
* S. 29.
3 Die Husaren sind den ungarischen Reitern nachgeahmt, auch in ihrer
Uniform.