1900 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Kirchhoff, Alfred
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Iii. Das Jtteet.
N.-Hälfte, zu welcher der Zutritt arktischen Wassers durch die Meeres-
bodenschwetle zwischen Europa und Nordamerika behindert wird. Allein
abgeschlossene Meeresglieder (Mittelmeerl, rotes Meer) sind durch die
hohe Masserscheide an ihrem Eingang vor dem Andrang des kalten
Tiefenwassers gesichert; ihre Tiefe zeigt genau die der Winterkälte ihrer
Oberfläche entsprechende Temperatur.
Außer der nur lhermometrisch erkennbaren allgemeinen Zirkulation
sämtlicher Wasserteilchen erführt das Meer Aufregungen plötzlicher Art
vom Grund zum Spiegel durch unterseeische Erdbebenstöße (Seebeben,
die mitunter ganze Küstenstädte vernichten durch den entsetzlichen Wogen-
fchwall, den sie plötzlich ans Gestade werfen), vor allem jedoch eine täg-
liehe, seine ganze Masse treffende Erregung durch die Gezeiten- und
eine sanfte Vorwärtsbewegung seiner Oberflächenteile in den breiten
Bändern der Meeres ströme.^ Das beständige Anschlagen des Meeres
an die Küste in nur minutenlangen Pausen nennt man die Brandung,
die Wellenerhebung, durch welche das geschieht, die Brandungswelle.
Stellt U den Mond und die größere Kugel links die Erde dar (die
Entfernung der Mittelpunkte beider voneinander auf 1/10 verringert gegen-
über dem für die Radien angewandten Maßstab), so wird die Erdstelle A,
weil sie dein Mond um einen Erdradius näher liegt als der Mittelpunkt
C, auch stärker als dieser vom Mond angezogen, sobald der Mond in den
Meridian von A tritt (über A kulminiert); andererseits wird aus dem
nämlichen Grund C stärker vom Mond angezogen als die Gegend bei B.
Dadurch erleidet zwar die feste Masse der Erde keine merkbare Beeinträch-
tigung ihrer Gestalt, wohl aber das Meer mit seinen leicht verschiebbaren
Teilchen: sowohl unter demjenigen Meridian, dessen Bewohnern der
Mond im Zenith steht, als auch unter dem, dessen Bewohner er gegen
die Fußsohlen („im Nadir") steht, schwillt das Meer zu einer flachen
Welle empor, weil es beiderseits das Streben erhielt sich vom Anziehungs-
punkt C zu entfernen, es ist Flut (Zenith- und Nadirflut), dagegen auf
den von der beiderseitigen Welle um 90 Längengrade entfernten zwei
Meridianen Ebbe, weil von dort die Wasserteilchen nach den Flutseiten
abgelenkt werden. Am geringsten wird sich diese Hebung und Senkung
des Meeresspiegels nach den Polen zu äußern; ein die ganze Erde um-
kleidender Ozean müßte mithin, in der Richtung der Flut-Meridiane
durchschnitten, eine elliptische Verziehung erfahren, und es müßte sich
1 S. 6 (dritter Abschnitt). 2 S. 92 (§ 4). 3 S. 93 (§ 4).