1914 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Hessen-Nassau
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
6. Die Bevölkerung.
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geschlossenen Dorfanlage zurück: bald finden wir das sog. Haufendorf, das
auf die Bildung regelmäßiger Straßen und Plätze keine Rücksicht nimmt,
bald das fortgeschrittene Straßendorf, in dem zu beiden Seiten der Straße
die Gehöfte dicht nebeneinander liegen.
Wohnhaus. In der Bauart des Wohnhauses spiegelt sich bei der Land-
bevölkerung deutlich ihre Abkunft wider: in den Gebieten mit hessisch-
thüringischer Bevölkerung trifft man das fränkische Bauernhaus, in denen
mit niedersächsischer Bevölkerung das niedersächsische Bauernhaus. In
diesem sind Wohnräume, Ställe, Fruchtspeicher unter einem Dache unter-
gebracht, dessen Giebel das uralte Wahrzeichen der Sachsen, die beiden Pferde-
köpfe, schmücken; auf der „Großen Diele" (Tenne) mit dem Herd im Hinter-
grund spielt sich das ganze Wirtschaftsleben ab. Das fränkische Bauern-
haus, aus Fach- oder Flechtwerk errichtet, ist zweistöckig und hat abgetrennte
Ställe und Scheunen, alle diese Gebäude umrahmen einen viereckigen Hof.
Eine kleine Abart bildet das thüringische Bauernhaus, bei dem der
Hof oft durch eine hohe, starke Mauer gegen die Straße abgeschlossen ist.
Bevölkerungsdichte. Die Bevölkerungsdichte eines Landes hängt
vor allem von seiner Fruchtbarkeit oder seinen inneren Bodenschätzen ab. Da
40°/0 von Hessens Boden mit Wald bedeckt und bei dem Vorwiegen des
Buntsandsteins Fruchtbarkeit wie Bodenschätze gering sind, so gehört Hessen
zu den dünner bevölkerten Gegenden unseres Vaterlandes, seine
Bevölkerungsdichte steht mit 100 Menschen auf 1 qkrn unter dem Durchschnitt
des Preußischen Staates, in dem 115 auf 1 qkrn wohnen. Die Bevölkerung
Hessens drängt nach den Hohlformen des Landes, den durch fruchtbares
Flußschwemmland wie milderes Klima ausgezeichneten Talebenen, so daß diese
Gegenden zuweilen sogar die durchschnittliche Bevölkerungsdichte Preußens
übertreffen, d. h. dicht bevölkert sind, so der Landkreis Hanau mit
192 Einwohnern auf 1 qkm, der Landkreis Cassel mit 120 Einwohnern
auf 1 qkrn. Wegen seiner reichen inneren Bodenschätze gehört ferner der
Kreis Schmalkalden mit 160 Einwohnern auf 1 qkm zu den dichtbevölkerten
Gebieten. Im allgemeinen aber weisen die Gebirgsgegenden mit größerer
Meereshöhe und rauherem Klima, größerer Waldbedeckung und steinigem
Boden die dünnste Bevölkerung auf, so der Kreis Frankenberg mit
45 Einwohnern auf 1 qkm, der Kreis Hünfeld mit 52 Einwohnern. Die
mittlere Volksdichte Hessens haben Kreise wie Marburg, Fulda.
Volkswirtschaft. Trotz der vorwiegend ungünstigen Bodenverhältnisse
nährt sich doch der größte Teil der hessischen Bevölkerung von der Land-
Wirtschaft, in erster Linie vom Ackerbau, etwa 40°/g der nutzbaren Boden-
fläche entfallen auf Äcker und Gärten. Der Ackerbau ist besonders hoch
entwickelt im Gebiet der Hessischen Senke und in den milden Flußtälern mit
gutem Schwemmboden, im Main-, Werra- und Kinzigtal; daher wiegt in den
Kreisen Hanau, Eschwege, Fritzlar und Wolfhagen das Ackerland im Land-
schaftsbilde vor, dasselbe Bild zeigt sich den Blicken im reichgesegneten
Wesertal. In diesen von der Natur bevorzugten Gegenden gedeiht die Zucker-
rübe, bei Eschwege sogar die Tabakpflanze, und in jüngerer Zeit hat sich
hier auch der früher vernachlässigte Obstbau zu hoher Blüte entwickelt; im