1914 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Hessen-Nassau
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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C. Nassau. — Ii. Die einzelnen Landschaften.
Behördenstadt. Die größte Stadt der Provinz ist endlich der Sitz hoher
Behörden, so eines Oberlandesgerichtes, einer Oberpostdirektion, Eisenbahn-
direktion, eines Konsistoriums und des Generalkommandos des 18. Armeekorps.
Höchst. Großindustrie. In dem um Frankfurt sich ausbreitenden Industrie-
gürtel nimmt die Kreisstadt Höchst (17229 Einw.) mit ihren Farben-
werken (über 4000 Arbeiter), ihrer Maschinen- und Tabakherstellung eine
hervorragende Stellung ein.
Rolle in der Geschichte. Am Einfluß der vom Vogelsberg kommenden
Nidda in den Main und damit am Kreuzungspunkt einer nordsüdlichen und
ostwestlichen Straße gelegen, hat es in der Kriegsgeschichte eine Rolle
gespielt (1622 Sieg Tillys über den Herzog Christian von Braunschweig,
1795 Sieg der Österreicher über die Franzosen). Das Schloß erinnert an
die ehemalige Zugehörigkeit der Stadt zu Mainz, der jetzt als Rathaus benutzte
Bolongaropalast aus dem Ende des 18. Jahrhunderts ist eine großartige
Schöpfung des aus Italien stammenden Frankfurter Handelsherrn Joseph Maria
Bolongaro, der 1772 sein Geschäft von Frankfurt nach Höchst verlegte.
3. Der Rheingau.
Ausdehnung. Die natürliche westliche Fortsetzung des Maingaus ist
der Rheingau, der sich am Südabhange des westlichen Taunus (Rheingau-
gebirges) in einer Längenausdehnung von etwa 30 km ausbreitet und nach 8
gegen das Großherzogtum Hessen durch die Stromrinne des Rheins von
Biebrich bis Rüdesheim begrenzt wird.
Rheingau Weingau. Diese Landschaft ist einer der gesegnetsten
und schönsten Himmelsstriche von ganz Deutschland. Im Hinter-
gründe durch eine steile Gebirgsmauer gegen die rauhen Nord- und Ostwinde
geschützt und mit den sanft zum Rheine sich senkenden Hügeln der vollen
Mittagssonne aufgeschlossen, ist der Rheingau ein Garten der edelsten
Reben, wie wir ihn in der ganzen Welt nicht wieder treffen, er wird daher
auch „der edle Gau" oder der Weingau genannt. Der breite Spiegel
des Rheinstromes, der hier bei seinem geringen Gefälle durch seine Sinkstoffe
eine große Anzahl von Inseln oder Auen bildet und sich unterhalb Erbach
seeartig (bis zu 900 m) erweitert, steigert noch die Wirkung des milden
Klimas, indem er den größten Teil der Sonnenstrahlen auf die Weinberge
und Weingärten (Wingerts) zurückwirft.
Die Weinorte. Im übrigen bedeutungslose Orte haben durch ihre Weine
Weltberühmtheit erlangt, wie Rauenthal (hinter einer Anhöhe nördlich von
Eltville), dicht dabei Kiedrich (2079 Einw.), Erbach (2378 Einw., in
seiner Gemarkung das berühmte Weingut Markobrunn), Hattenheim
mit den kostbaren Rebengeländen des Steinberg, Mannberg, Eisenberg, Hölle,
in einem Seitentale das ehemalige Kloster Eberbach, von dem der Weinbau
im Rheingau ausgegangen ist' Östrich-Winkel (5597 Einw.), Johannis-
berg (Bild 33) mit einem Schloß der Fuldaer Äbte, das auf einem Hügel in
die Landschaft vorspringt, Geisenheim, Rüdesheim. Man könnte hier von
einer einzigen Uferstadt des Rheins sprechen, die durch Gärten mit schmucken
Landhäusern unterbrochen und im Hintergrunde von sanft ansteigenden Reben-
Hügeln mit Winzerhäuschen, Burgen und Kapellen umrahmt ist.