1914 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Hessen-Nassau
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Zur Zeit der Auflösung des Deutschen Reiches.
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setzten sich die Franzosen in dem Winkel zwischen Rhein und Main fest.
Infolge des völligen Daniederliegens von Handel und Wandel bildeten sich
in den Wäldern Räuberbanden- so machte der gefürchtete Schinderhannes die
Gegend unsicher, bis ihn sein Schicksal ereilte und er mit seinen Spießgesellen
in Mainz hingerichtet wurde.
Als im Reichsdeputationshauptschluß (1803) für die Herrscher, die
auf dem 1801 durch den Frieden zu Luneville französisch gewordenen linken
Rheinufer Gebiet besessen hatten, Entschädigungen durch säkularisierte geistliche
Güter vereinbart wurden, erhielt Hessen-Cassel, das Rheinfels, St. Goar usw.
verloren hatte, die Kurmainzischen Ämter Fritzlar, Naumburg, Amöneburg,
Neustadt und die bisher nur als Pfandbesitz innegehabte Reichsstadt Geln-
hausen- der Landgraf wurde außerdem Kurfürst. Auch Nassau-Usingen
bekam viele bisher Kurmainzische Besitzungen, so die Ämter Höchst und König-
stein, Cronberg und Lahnstein, den Rheingau, Hochheim, Flörsheim, Heddern-
heim, ferner Kastel, Kostheim, das kurpfälzische Caub, die Hessen-darmstäd-
tischen Ämter (Katzenelnbogen, Braubach, außerdem Ems, die Kurcölnischen
Orte Deutz und Königswinter, die Abteien Limburg und Bleidenstadt, die
Grafschaft Sayn-Altenkirchen, die bisher von Kurmainz und Frankfurt
gemeinsam verwalteten ehemaligen Reichsdörfer Sulzbach und Soden u. a. An
Nassau-Weilburg kamen die kurtrierschen Orte Ehrenbreitstein und Monta-
baur, die Abtei Arnstein u. a. Nassau-Dillenburg wurde durch einige Abteien,
die Domäne Johannisberg im Rheingau und namentlich durch das Fürstentum
Fulda entschädigt, das seit 1752 Bistum und Fürstabtei gewesen war.
Als sich 1806, kurz vor der Auflösung des alten Deutschen Reiches, die
westlichen deutschen Staaten unter dem Schutze Napoleons zum Rhein-
bunde zusammenschlössen, wurden in unserem Gebiet viele kleinere Herr-
schaften zugunsten der größeren Staaten mediatisiert, so die Grafschaften Wied-
Runkel, Diez, Holzappel, Schaumburg, Wied-Neuwied, Solms-Braunfels,
Solms-Hohensolms. Der Fürst von Nassau-Usingen wurde zum Herzog erhoben.
Der Kurfürst von Hessen-Cassel war trotz aller Lockungen Napoleons
nicht dem Rheinbunde beigetreten. Obgleich er dann, im Oktober 1806, doch
noch einen Neutralitätsvertrag mit Frankreich geschlossen hatte, ließ der Korse
hinterher sein Land besetzen und die hessische Armee entwaffnen. Hersfeld
wurde nur durch den Edelmut des bayrischen Oberstleutnants Lingg vor
Plünderung bewahrt. Aus Kurhessen, Braunschweig, Teilen von Hannover
und Preußen schuf dann Napoleon für seinen Bruder Ieröme („König
Lustik") das Königreich Westfalen, dessen Hauptstadt Cassel wurde. Wilhelms-
höhe wurde in Napoleonshöhe umgetauft und auf dem Königsplatze in Cassel
Napoleons Standbild errichtet.
Auch die alte Kaiserstadt, die Reichsstadt Frankfurt, verlor 1806 ihre
Selbständigkeit und wurde dem bisherigen Kurerzkanzler und Erzbischof von
Mainz, Dalberg, dem Fürsten-Primas des Rheinbundes, gegeben. 1810
wurde dieser zum Großherzog von Frankfurt erhoben- zu dem Großherzog-
tume gehörten außer dem alten Kurmainzischen Gebiete um Aschaffenburg
- Mainz selbst war französisch geworden — noch die frühere Grafschaft Hanau
und das Fürstentum Fulda. Frankfurt wurde in dieser Zeit (1806- 12)
entfestigt, wie schon vorher (1803) Wiesbaden.
Meyer u. Bothe, Landesk. Hessen-Nassau. 6