1915 -
Leipzig
: Hirzel
- Autor: Ule, Willi
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Erosion. 113
Je nach der Festigkeit des Gesteines ändert sich also die Form des
Talquerschnittes. In lockerem und weichem Boden zeigen die Täler im
allgemeinen sanftere Formen, langsam ansteigende Gehänge und eine breite
Sohle, in hartem Felsen sind die Erosionsfurchen dagegen meist Y-förmig
eingeschnitten. Wo an den Talwänden lockeres und härteres Gestein
wechselt, ändert sich gleichzeitig auch die Böschung, so daß oft schon die
äußere Gestalt der Talgehänge Änderungen im geologischen Baue anzeigt.
Neben der Festigkeit bestimmt weiter die Struktur und die Lage-
rung des Gesteines die Form der Erosion. In Gestein mit zur Lage der
Schichten senkrechter Zerklüftung folgt das Wasser den natürlichen
Sprüngen, und das Gestein zerfällt auch längs dieser. Selbst lockeres
Material bietet dann Steilwand ige Talfurchen, wie der Löß in China,
der von zahlreichen vertikalen Poren durchzogen ist und stets in der
Richtung dieser abbricht.
Wo die Schichten geneigt liegen, bilden sich die Gehänge je nach
der Struktur des Gesteines. In völlig oder nahezu horizontalen Schichten
schreitet die Erosion vorwiegend senkrecht vor, es entstehen schmale,
steilwandige Furchen. In großartigster Form finden wir diese in den
Cafions Nordamerikas, vor allem in dem berühmten Cañón des Kolorado
ausgebildet. In Europa bietet die Sächsische Schweiz mit ihren horizontal
lagernden Quadersteinen ebenfalls cañonartige Täler dar. In beiden
Fällen fehlt zugleich die Gehängeabtragung. Der Kolorado durchfließt
ein Trockengebiet, hier stellt der Canon gewissermaßen ein übertieftes
Tal dar, in der Sächsischen Schweiz ist der Boden so wasserdurchlässig,
daß das Regenwasser nicht oberflächlich abfließt und die Talwände
daher nicht abspült. Tiefe, senkrecht in den Felsboden einschneidende
Furchen treffen wir auch in den Gebirgen als Entwässerungsgräben der
Talerweiterun gen in den sogenannten Klammen oder Klüsen, die nament-
lich in den nördlichen Kalkalpen häufig auftreten.
In geneigten Schichten folgt die Erosion im allgemeinen der Eich-
tling des Einfallens dieser. Wenn festere mit weicheren Gesteinen ab-
wechseln, schreitet die Erosion in den weicheren Massen viel schneller
fort, und diese bestimmen daher dem fließenden Gewässer den Weg.
Die harten Gesteine halten dagegen die Arbeit des Wassers auf und
zwingen den Fluß zu Biegungen und Krümmungen. Noch anders gestaltet
sich die Wirkung auf abgetragenen Landflächen, sogenannten Destruktions-
oder Rumpfflächen, auf denen zunächst das allgemeine Gefälle die Rich-
tung der Täler bedingt, sodann aber auch die Struktur des Gebirges die
Entwicklang der Flüsse beeinflußt.
Ule, Erdkunde. 2. Aufl.
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