1912 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Lennarz, Gottfried
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar, Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
A. Das Gebiet der Südeuropäischen Faltengebirge. — 3. Österreich-Ungarn. 301
schätze vertreten; im Nw, in dem von Eger und Biela durchflossenen Senkungs-
felde, lagern Braunkohlen, zwischen Pilsen und Prag Steinkohlen und Eisenerze,
bei Przibram Silber- und Bleierze; dazu kommen Porzellanerde (Egertal),
Quarz (Böhmer Wald), Edel- und Halbedelsteine (besonders Granaten),
Zinn, Schwefel, Graphit und zahlreiche Mineralquellen. Ein mit so hoher
Fruchtbarkeit und so vielen Bodenschätzen ausgestattetes Land wie Böhmen, dem
auch reichliche Wasserkräfte nicht fehlen, mußte eine ebenso blühende wie viel-
seitige Industrie und einen lebhaften Handel entwickeln. Die Webindustrie
(Leinen-, Woll- und Baumwollindustrie) nimmt den ersten Rang ein, sie blüht
insbesondere in den Sudeten, im Vorland der Sudeten und im Erzgebirge; die
eisenreichen Gebiete pflegen Eisenindustrie; im Böhmer Walde, am Südfuß
des Jsergebirges und Lausitzer Berglandes ist die Glasfabrikation verbreitet.
Landwirtschaftliche Erzeugnisse werden in Rübenzuckerfabriken, Brauereien
und Brennereien verarbeitet. Böhmen ist das gewerbtätigste Land
Österreichs. Ein vielverzweigtes Eisenbahnnetz führt den Überschuß
dessen, was heimischer Fleiß erzeugte, in die Ferne; vor allem kommt der Elb-
straße für die Güterbewegung sowohl nach Deutschland wie nach überseeischen
Absatzgebieten eine große Bedeutung zu.
c) Bewohner und Siedlungen. Dem natürlichen Reichtum des Landes ent-
spricht seine beträchtliche Volksdichte: auf 52000 qkm wohnen nahezu 7 Mill. Men-
schen, also 130 auf 1 qkm. Fast zwei Drittel der Bewohner sind Tschechen, die den
am weitesten nach W vorgedrungenen slawischen Stamm bilden, etwas mehr als
ein Drittel sind Deutsche. Diese bewohnen in geschlossener Masse die Randzonen
Böhmens mit Ausnahme des mährischen Ostrandes; jene nehmen das Innere ein.
Beide Stämme führen einen erbitterten Kampf um die Vorherrschaft im Lande.
Die größeren Siedlungen erwuchsen überwiegend im industriereichen N, so auch
Prag (550 mit Vororten, sonst 225), das Herz Böhmens. Es liegt an der wich-
tigen Kreuzung der Straßen von der Elbe zur Donau, von Franken nach Schlesien,
und an der Stelle des Moldau-Elblaufes, der die Talwege der wichtigsten Flüsse
Böhmens zustreben. Die Stadt „der Kirchen und Paläste" bildet den Mittelpunkt
des böhmischen Staats-, Geschäfts- und Geisteslebens und besitzt je eine deutsche und
tschechische Universität und Technische Hochschule. In der Umgebung liegen ausge-
dehnte Jndustrieorte. Eger (30) beherrscht durch seine Lage die Straßen zu beiden
Seiten des Fichtelgebirges nach Sachsen und Bayern. Unweit dieser Stadt liegen die
weltbekannten Bäder Karlsbad (auch mit Porzellanfabriken), Marienbad und
Franzensbad. Heiße Quellen sprudeln ferner inteplitz (30) (d. i. Warmstadt, wie
Tiflis), der Badestadt zwischen dem Böhmischen Mittelgebirge und dem Erzgebirge.
Bon den zahlreichen Schlachtorten vor den Sudetenstraßen ist Königgrätz am
bekanntesten. Durch Leinwand- und Wollweberei ist im sndetischen No Böhmens
Reichenberg (40) zu einer sehr bedeutenden Industriestadt emporgewachsen.
Pilsen (85), im Kohlenbezirk der Beraun, verdankt seine Weltberühmtheit der Bier-
brauerei; aber auch die Eisenindustrie und Glasfabrikation des Ortes ist bedeutend.
Im gebirgigen, waldreichen 8 vermittelt Budweis (45), der Holzmarkt Böhmens,
den Verkehr zur Douau und zum Salzkammergut.
2. Mähren, a) Das Land. Während Böhmen, das nordwestliche Becken,
sich nach N senkt, ist Mähren, das südöstliche Viereck, nach 3 geneigt. Den