1912 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Lennarz, Gottfried
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar, Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
C. Die Skandinavisch-Russische Tafel. — 2. Rußland.
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eine auffallend große, mit der Entfernung vom Ozean, also nach 3 und O
zunehmende jährliche Wärmefchwankung (25 bis 35°)\ daher hohe
Sommer- und tiefe Wintertemperaturen. Die Sommer sind heißer als bei
uns, so daß auch in höheren Breiten die Halmfrüchte noch zur Reife gelangen.
Die Niederschläge werden von Nw nach S und So immer spärlicher und
reichen schließlich für den Waldwuchs nicht mehr aus. Im 3 fallen die Regen
im Frühsommer, und zwar wie in den Mittelmeerländern als kurze, heftige
Platzregen, die bei der Hitze schnell verdunsten. Der So hat ausgeprägtes
Steppenklima mit Frühjahrsregen (im Mai) und trocknen Hochsommern.
Erfolgen die in ihrem Betrage stark wechselnden Niederschläge ungenügend,
oder bleiben sie ganz aus, so sind Dürre, Mißernten und Hungersnöte die
Folgen. Im Winter ist ganz Rußland von einer Schneedecke überzogen;
sie wird nach S dünner und bleibt dort auch kürzere Zeit liegen.
Y. Pflanzen- und Tierwelt. Die Pflanzendecke ist einförmig wie das
Oberflächenbild des Bodens und wie das Klima. Im N herrscht die au
Sümpfen reiche Tundra. Südlich von ihr zieht sich ein breiter Wald-
streifen hin, der im N aus Nadelholz und Birken, nach S zunehmend aus
Laubholz, und zwar vorherrschend aus Eichen, Linden und Birken besteht. Er
wird von Mooren und Wiesen unterbrochen, hat aber für Ackerbau oft zu mage-
ren Boden. Im S der Waldzone erscheint allmählich das Getreideland, die
Steppe. Ihr nördlicher Gürtel, das Land der Schwarzerde, ist der frncht-
barste Boden und die Kornkammer Rnßlands. Dieser dichter bevölkerten
Zone folgt das füdrnfsische echte Steppenland, das längs der Flüsse
von Waldstreifen durchschnittene Weidegebiet ungezählter Herden von Rin-
deru, Pferden, Schafen und Schweinen. Im Kaspischen Tieflande begegnet
man einer fast wüstenartigen Salzsteppe. An den Flüssen ist sie jedoch
anbaufähig und mit Getreide und Obst bestanden. In Polen nähern sich die
Verhältnisse des Bodens, des Klimas und der Pflanzenwelt den ostdeutschen.
Daher ist dieses Land am dichtesten von allen russischen Gebieten besiedelt.
Die Südküste der Krim hat mittelmeerischen Pflanzenwuchs.
Große Unterschiede herrschen in der Tierwelt. Die Tundra weist
Polartiere auf, das Waldland die deutschen Wildarten, dazu Wölfe, Elche,
Bären und im W auch den Wisent. Die Steppe ist der Tummelplatz
zahlreicher Nagetiere (Springmäuse) und großer Huftiere (Saiga-Antilope).
Die Flüsse sind äußerst fischreich.
> I. Wirtschaftsleben. Die Erwerbstätigkeit beruht hauptsächlich auf der § 263.
Landwirtschaft, daneben auf der Ausnutzung des zwei Fünftel des Landes
bedeckenden Wald es 2. Im baltischen Gebiet, das am besten kultiviert ist,
bant Rußland Roggen, der aber auch im Wolgagebiet große Flächen einnimmt,
ferner Hafer, Kartoffeln, Flachs und Zuckerrüben an, auf der Schwarzerde
besonders Weizen, Mais, Melonen und Sonnenblumen, letztere zur Speise-
* Moskau hat eine mittlere Jahrestemperatur von —11° bei einem Julimittel von
+ 19°. Schon im Mittlern Rußland sinkt die Temperatur oft unter —40°. In Irland
beträgt die jährliche Wärmeschwaukuug nur 10°, in Mitteldeutschland 20°.
2 Rußland ist das waldreichste Land Europas (38o/0 der Bodenfläche).