1912 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Lennarz, Gottfried
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar, Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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B. Länderkunde. — Vi. Europa.
hat der Handel Königsbergs ein zu kleines Hinterland und leidet auch durch das
Bestreben der Russen, ihre Ausfuhrgüter russischen Seeplätzen zuzuführen. Die
Industrie (Eisenindustrie, Bierbrauerei, Herstellung von Berusteiuwaren) arbeitet
meist nur für den Bedarf der Stadt und der Provinz. Königsberg ist die dritte
Residenz des Preußischen Staates und Festung ersten Ranges mit zahlreichen, weit
vorgeschobenen Forts. Jnsterburg (35) am Pregel hat Bedeutung als Eisenbahn-
knotenpuukt der Provinz. Im dünner besiedelten südlichen Seenlande Masuren
bildet Allenstein (35), jetzt Regierungsbezirkshauptstadt, den einzigen größeren Ort.
2. Die Provinz Westpreußen, seit 1772 preußisch, umfaßt das reich angebaute
untere Weichseltal und die angrenzenden, meist sandigen Gebiete.
Th orn (50) auf dem rechten Ufer der bei Hochwasser fast 800 m breiten Weichsel
ist wichtig als Brückenstadt und Bahnknotenpunkt, darum Greuzfestung. Culm(12),
die älteste deutsche Stadt im früheren Deutfchordeusgebiet, liegt der Überschwem-
mungen wegen ähnlich am hochragenden Weichselufer wie das befestigte Grau-
denz 40). Danzig (175), an einem zu einem Hafen umgestalteten toten Arme der
Weichsel gelegen, steht mit der neugeschaffenen Mündung des Stromes durch einen
Schiffahrtskanal in Verbindung. Zum Nachteil gereicht der Stadt die Nähe der
Grenze (vgl. oben) und die Lage abseits der Hauptlinie Berlin—st. Petersburg. Der
Handel (Getreide, Fische und Holz) ist noch beträchtlich, aber er steht hinter dem der
günstiger gelegenen Nebenbuhlerinnen Königsberg und Stettin, selbst hinter Rostock
zurück. Deu Seeverkehr vermittelt Neufahrwasser. Die Industrie Danzigs hat
große Bedeutung (Gewehr-, Muuitions- und Maschinenfabriken, Schiffswerften;
die Kaiserliche und die Schichau-Werst gehören zu den größten Werften der Welt).
Bodenständig ist die Verarbeitung von Zuckerrüben. Aus ihrer früheren Glanzzeit
hat die Stadt sich herrliche, alte Bauwerke und malerische Straßenzüge (Bild 246)
bewahrt, wie sie Nürnberg und Lübeck nicht schöner haben. Dirschan (20) ist
Bahnknotenpunkt der Proviuz und Brückenstadt an der Bahn Berlin—st. Peters-
burg wie Marienburg (15), dessen herrlich wiederhergestelltes Deutschordens-
schloß in die oft seichten, zuweilen aber gewaltig angeschwollenen Fluten der Nogat
hinabschaut. Mit dem Oberländischen Kanal und der neuen Weichselmündung in
Verbindung steht Elbing (60), das infolge seiner Lage an der Hauptbahnlinie,
durch Schiff- und Maschinenbau (Maschinenfabrik und Schiffswerft von Schichau;
Torpedoboote) sich entwickelt. Marienwerder(15) ist Regierungsbezirkshauptstadt.
3. Die Provinz Pommern besteht aus einem größeren hinterpommerschen
und einem kleineren vorpommerschen Flügel.
In dem meist sandigen und spärlich besiedelten Hinterpommern liegen alle
größeren Ortschaften zwischen der Seenplatte und dem der Großschiffahrt ungün-
stigen Küstenstreifen. Kolberg (25) ist Fischerhafen, hat aber mehr Bedeutung
als Seebad. Östlich liegt Kösliu (25). Wenig wichtig ist der Seeverkehr von
Stolp (35). Stargard i. P. (30) wurde Bahnknoten und Jndustrieplatz. Von
allen deutschen Häfen liegt Stettin (240) am weitesten landeinwärts und Berlin am
nächsten; es wird von einem Strome durchflössen, der vier Provinzen angehört, und
dessen Oberlauf deu wichtigen oberschlesischen Jndnstriebezirk berührt; weiter bildet
es den Vereinigungspunkt der wichtigsten Provinzbahnen. So konnte sich die Stadt
zum ersten Handelsplatz an der Ostsee entwickeln; ihr Verkehr wird nach Vollendung
des im Bau befindlichen neuen Schiffahrtsweges nach Berlin noch steigen. Neben
hervorragendem Schiff- und Maschinenbau („Vulkan") widmet sich die Industrie
u. a. der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (Dampfmühlen, Brauereien,
Brennereien, Zuckerfabriken) und der Herstellung vou Zement, für den das rechte