1912 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Lennarz, Gottfried
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar, Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Das Deutsche Reich. —
E. Norddeutsches Tiefland.
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Oderufer den Rohstoff liefert. Den Seehafen Stettins bildet das stark befestigte
Swinemünde (15); es liegt auf Usedom an der tiefsten der drei Wasserstraßen,
die aus dem Haff in die Ostsee führen. Wie Swinemünde, so sind auch das nach Nw
an der Küste reizend gelegene Heringsdorf und Misdroy auf der Insel Wollin
stark besuchte Seebäder.
In dem mit fruchtbarem Boden ausgestatteten Vorpommern liegt die Universi-
tätsstadt Greifswald (25); Stralsund (35) am Strelasund, der Rügen vom
Festlande trennt, betreibt regen Binnenhandel; es vermittelt auch neben Rostock
den Verkehr mit Dänemark und Schweden. Aus flachem Küstenmeer erhebt sich der
Küste Vorpommerns gegenüber und von ihr durch einen 3 bis 4 km breiten
Meeresarm getrennt, die Insel Rügen, mit fast 1000 qkm Deutschlands größte
Insel. Zu den grauen, von steilen Kreidefelsen unterbrochenen Dünenküsten bilden
die fruchtbaren Ackerfelder, die grünen Wiesen und ausgedehnten Waldungen
(Buchen) des Landes einen wirksamen Gegensatz. Der Hauptort ist Bergen am
Fnße des Rugard (90 m), der bekannteste der zahlreichen Badeorte am Ostrande
der Insel Saßnitz, von dessen Hafen aus große Führdampfer die Eisenbahnwagen
nach Trelleborg in Schweden hinüberführen. (Vgl. § 315, Iii 2.)
4. Die Provinz Schleswig-Holstein, die „meerumschlungene", nächst Hessen-
Nassau die kleinste, dazu waldärmste Provinz, erstreckt sich von der Elbe und dem
Elbe—trave-Kaual bis zur Königsau. Die Bevölkerung spricht bis zur Flens-
burger Förde Deutsch; im N überwiegt noch die dänische Sprache.
Die größeren Siedlungen liegen meist an den Förden und sind durch die Haupt-
eisenbahnlinie verbunden. Von ihnen ist an erster Stelle Kiel (220) am Südende
der gleichnamigen Bucht zu nennen. Sein Hafen ist tief, geräumig, gegen Wind,
Seegang und Eis geschützt und leicht zu verteidigen, da der Eingang zur Bucht
nur 1 km Breite hat. Daher wurde Kiel zum Hauptkriegshafen der Ostsee
gemacht. Als Handelshafen kommt der Stadt die südliche Lage zustatten, die
sie nicht nur mit der Halbinsel, sondern auch mit dem westdeutschen Binnen-
lande in innige Verbindung bringt; der Kaiser-Wilhelm-Kanall, der nördlich von
Kiel in die Bucht mündet, hat die Bedeutung des Ortes noch gehoben. Der Haupt-
verkehr geht nach den Dänischen Inseln, denn für ihn ist die Stadt der naturgemäße
Ausgangspunkt. So wuchs Kiel in den letzten Jahrzehnten zu einer Großstadt
empor, die als Kriegs- und Handelshafen, aber anch als Jndnstrieplatz von
großer Wichtigkeit ist. In und bei der Stadt haben sich bedeutende Schiffswerften
(Kaiserliche und Germania-Werst), Werkstätten für Schiffsbedarf jeder Art, Fisch-
räuchereien, Mehl- und Ölmühlen entwickelt. Durch seine Universität bildet Kiel
auch den geistigen Mittelpunkt der Provinz. — Das kleine, gartenreiche Schles-
wig (20) liegt in der Mitte des Landes an der seichten und darum für größeren
i Der Kaiser-Wilhelm-Kanal wurde 1887—1895 mit einem Kostenaufwands von 211 Mill.
Mark erbaut. Er ist fast 100km lang. Militärische Bedeutung: Die deutsche Marine
kann vermittels Schleusen Holtenau im 0, Brunsbüttel im W) schnell von der Nordsee in
die Ostsee und umgekehrt gelangen, ohne von Dänemark gehindert zu werden. Durchschnitt-
liche Durchfahrtszeit 13 Stunden. Wegen der Größe der neuen Linienschiffe wird der Kanal
jetzt bedeutend erweitert und vertieft. Wirtschaftliche Bedeutung: Der gefährliche Seeweg
um Skagen wird abgekürzt (von Cuxhaven nach Lübeck um fast 3 Tage) und der Waren-
austausch zwischen den Häfen der Ostsee und Nordsee wesentlich erleichtert. Der jährliche
Verlust bei der Umfahrt um Skagens Horn wurde für die Jahre 1890—1900 auf 500 Men-
schen und 100 Fahrzeuge im Werte von 10 Mill. Mark geschätzt. 1910/11 passierten fast
46000 Schiffe, darunter 38000 deutsche mit 7,58 Mill. Registertonnen und 1050 Schiffe
der Kriegsmarine den Kanal. Einnahmen 1910/11 über 3z Mill. Mark.