1912 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Lennarz, Gottfried
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar, Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Das Deutsche Reich. —
E. Norddeutsches Tiefland.
499
Unser ausgedehntestes Hochmoor liegt an der ostfriesisch-oldenbnrgischen Grenze.
Das große Bonrtanger Moor ander holländischen Grenze ist 1400 qkm
groß; davon gehören zwei Drittel deutschem Gebiete an.
d) Wirtschaftliche Verhältnisse. Die Moorgebiete Westdeutschlands zählen
zu den ödesten und ärmsten Landstrichen unseres Vaterlandes. Der
Moorbewohner findet seinen Unterhalt in dem spärlichen Ertrage seines Buch-
weizen- und Kartoffelackers und in der Gewinnung von Torf. Da die Heiz-
kraft des Torfs wesentlich geringer ist als die der Braunkohle, so hat er eine
Industrie nicht zu erzeugen vermocht. Aber manche Teile des Moorgebietes
haben durch die Kulturarbeit des Menschen ein besseres Aussehen erhalten.
Ein kleiner Teil der Moorlandschaften wird durch Abbrennen der Moorfläche
(Höhenrauch) auf einige Jahre für den Anbau anspruchsloser Pflanzen vorbereitet.
In größerem Umfange macht man seit dem 17. Jahrhundert nach holländischem
Muster die dünn bevölkerten Landstriche durch „Entfehnuug" urbar; d. h. man
sticht das Torfmoor ab, gräbt Kanüle, die zum Fortschaffen des getrockneten Torfs,
zum Verkehr der Ansiedler und zur Entwässerung dienen (Buntbild), und treibt
dann auf der oft sehr fruchtbaren, entblößten Unterlage Ackerbau. Ein anderes,
jüngeres Verfahren, das Moor urbar zu machen, besteht darin, daß man die Ober-
fläche durch wenige tiefe Gräben trockenlegt und auf den gut bearbeiteten Moor-
boden eine reichlich gedüngte Sandschicht bringt: Dammkultur. Im Laufe der
Zeit sind manche wohlhabende Moorkolonien entstanden, von denen Papen-
bürg an der Ems die bekannteste und blühendste ist.
Der Moorkultur wendet man namentlich in der neuesten Zeit erhöhte Aufmerk-
samkeit zu, und die beteiligten Regierungen unterstützen die Bestrebungen für die
Erschließung, Besiedlung und auch industrielle ^ Ausnutzung der Moore in tat-
kräftigster Weise. Die bisherigen Erfolge eröffnen einen erfreulichen Aus-
blick auf die wirtschaftliche Zukunft unserer deutschen Moorgebiete.
Große Flächen der Lüneburger Heide liegen noch unbebaut und nnaus-
genutzt da. In diesen Gebieten ist die Bienenzucht von einiger Bedeutung, die
Schafzucht iheidschnncken) dagegen zurückgegangen. In andern Strichen hat
sich in den letzten Jahrzehnten das Landschaftsbild vollständig verändert, indem
man Ödländereien aufforstete, Riefelwiesen anlegte, den Moorboden
durch Entwässerung, durch Vermengung mit Sand und Dünger und den
Heideboden durch gründliche Bearbeitnng des festen, undurchlässigen Ort-
steins, einer aus Quarzsand bestehenden festen Bodenschicht, sowie durch Zusatz
von Mergelbodeu ertragfähig machte. Feldbau, namentlich Flachsbau, und
Viehzucht haben sich erfreulich entwickelt, ebenso die Fischzucht, besonders
die Karpfenzucht (über 2000 Karpfenteiche in der Lüneburger Heide). Ehemals
einsame Strecken wurden durch Straßenzüge aufgeschlossen, und an verschiedenen
Orten hat sich eine aufblühende Industrie eingebürgert. Denn die Heide birgt
manche Bodenschätze, so Kieselgur, längs der Aller Metze) ansehnliche
Petroleumlager, die sich vielleicht bis Holstein ausdehnen, ferner Kali-
salze und im Nw (Lüneburg und Stade) Salz- und Gipslager.
1 Man hat gefunden, daß die Torffaser zur Herstellung gröberer Gewebe und auch
von Papier geeignet ist; auch sucht man das Moor für elektrische Kraftanlagen
nutzbar zu machen.
32*