1899 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Heinze, Heinrich, Eggert, Erwin, Lorch, J.
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Gehobene Bürgerschule, Mittelschule, Präparandenanstalt, Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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zu durchlaufen! Die Erde durchläuft sie iu einem Jahre, bewegt sich also iu
1 Sekunde 365 >^24^60 = 4 geographische Meilen fort; ein Punkt des
Äquators macht in 1 Sekunde nur Vie geographische Meilen, d. h. kbie Erde be-
wegt sich 64 mal so schnell in ihrer Bahn, als sie rotiert. Die Bewegung ist also
nicht ein bloßes Abrollen, sondern noch gleichzeitig ein Fortrücken.
Wie bewegt sich dabei die Axe? Scheinbar gar nicht; denn die Pole der
Himmelsaxe bleiben ja bei der scheinbaren täglichen Rotation des Himmelsgewölbes
das ganze Jahr hindurch dieselben; also scheint die Himmelsaxe sich nicht fortzu-
bewegen. Die Axe der Erde ist ein Teil der Himmelsaxe, sie ist stets nach den
Polen der Himmelsaxe gerichtet; also scheint auch sie an derselben Stelle des Welt-
raumes zu bleiben. Das ist freilich, da die Erde sich um die Sonne bewegt, nn-
möglich. Aber die Erdaxe ändert bei dieser Beweguug ihre Lage im Welträume,
ihre Richtung nicht; denn die Ebene des Erdäquators ist ein Teil der Ebene des
Himmelsäquators; dieser hat (s. § 12) immer dieselbe Neigung gegen die Ebene
der Ekliptik, die doch eine unveränderliche Lage im Welträume hat; daher muß auch
der Erdäquator stets dieselbe Neigung gegen die Ebene der Ekliptik haben; dann
aber hat auch die Erdaxe, die auf der Äquatorebeue senkrecht steht, eine uuver-
äuderliche Neigung gegen die Ebene der Ekliptik, d. h. sie bewegt sich parallel zu
sich selbst um die Sonne. Damit ist es auch wohl vereinbar, daß die Erdaxe stets
nach denselben Stellen des Himmels zu zeigen scheint. In Wirklichkeit zeigt die
Erdaxe zu verschiedenen Zeiten des Jahres nach verschiedenen Punkten des Himmels;
doch können diese höchstens um den Durchmesser der Erdbahn, 40 Millionen Meilen,
von einander entfernt sein. Wir wissen nun wie klein die Jahresparallaxe der
nächsten Fixsterne ist. Erscheinen aber zwei von den Enden eines Durchmessers
der Erdbahn nach einem Sterne gezogene Linien so gut wie parallel, so erscheinen
für uns auch umgekehrt zwei Punkte des Himmelsgewölbes als einer, wenn sie
40 Millionen Meilen von einander entfernt sind.
Also: Indem die Erde sich um die Sonne bewegt, behält ihre
Axe stets dieselbe Lage im Welträume bei; sie bleibt stets nach
derselben Himmelsgegend gerichtet, d. h. sie bleibt sich stets parallel.
§ 26.
Wie steht die Erdare zur Ebene der Erdbahn.
I. Angenommen, die Erdaxe stände senkrecht auf der Ebene der Bahn (s. Fig. Xx),
dann fiele:
1) Die Ebene des Erdäquators zusammen mit der Erdbahn oder, was das-
selbe, die Ebene des Himmelsäquators mit der Ebene der Mliptik. Dann aber
gäbe es keine Schiefe der Ekliptik!
2) Die Sonne würde scheinbar alle Tage denselben Kreis am Himmel, näm-
lich den Äquator durchlaufen; scheinbare Tages- und scheinbare Jahresbahn der
Sonne fielen zusammen.
3) Die Polbewohner sähen dann die Sonne nur im Horizonte, sie ginge ihnen
weder auf noch nnter. (Als Horizont ist ja bei Himmelsbeobachtungen stets der
wahre Horizont, ein größter Kreis am Himmel, anzusehen; für die Pole wäre es
der Äquator des Himmels.)
4) Alle anderen Orte der Erde hätten dann stets 12 Stunden Tag und
12 Stunden Nacht.