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1. Länderkunde von Europa ohne das Deutsche Reich, Die koloniale Stellung der europäischen Mächte - S. 56

1909 - Berlin [u.a.] : Oldenbourg
56 Europa. Österreich-Ungarn als Kulturstaat. Was das eigentliche Österreich betrifft, so oblagen ihm schon seit frühester Zeit zwei wichtige Kulturausgaben: 1. Vom frühen Mittelalter an bis in die neuere Zeit hatte es gegen Avaren, Magyaren und Türken die germanisch-christliche Kultur zu schützen; 2. seine andere, nicht minder bedeutsame Aufgabe bestand und besteht wohl auch noch heute darin, die nichtdeutschen Völkerschaften durch deutsche Kultur einer höheren Gesittung zuzuführen. In wirtschaftlicher Hinsicht ist Österreich-Ungarn noch vorwiegend Ackerbaustaat. Landwirtschaft und Viehzucht beschäftigen gegen 2/3 aller Einwohner. Die Industrie ist vorherrschend auf die westlichen Länder beschränkt, da Kohle und Eisen nicht allzu reichlich in der Monarchie vertreten sind. Handel und Ver- kehr bewegen sich teils in ostwestlicher Richtung und hier besonders auf und längs der Hauptachse alles Austausches und Verkehrs, der Donaustraße, teils in nordsüdlicher Richtung von Böhmen, Mähren und Galizien über Wien bzw. Ofen- Pest nach Trieft und Finme. Österreich-Ungarn vermittelt somit einerseits den Verkehr zwischen West- und Südosteuropa, anderseits zwischen Nordeuropa und den Mittelmeergebieten. Nach dem östlichen Mittelmeer, dem Gebiete der Levante, ist auch der Haupthandel der österreichischen Häfen gerichtet. An dem ozeanischen Handel hat Österreich-Ungarn vermöge seiner Lage nur bescheidenen Anteil. Es ist auch der einzige Großstaat Europas, der keine Kolonien besitzt. Haupteisenbahnlinien von West nach Ost: Paris —München—wien—buda- pest—belgrad—konstantin opel (Orientexpreß) und Paris—basel—zürich—arlberg— Innsbruck—salzburg—wien; von Nord nach Süd: Berlin—münchen—innsbruck— Brenner—verona (Nord-Süd-Expreß); Berlin—münchen—salzburg—tauern—triest und Berlin—oderberg oder Dresden—wien—semmering—triest. Aus dem Gebiete der Schulen wie der Wissenschaften und Künste hat die Monarchie in den letzten Jahrzehnten sehr bedeutende Fortschritte gemacht. Ganz besonders ist Österreich das Land der Musik. Der musikalische Sinn zeigt hier eine Entwicklung wie sonst nirgends und zwar sowohl bei den Deutschen wie bei den Slaven und Magyaren. Die charakteristischen Volkstypen dieser Art, der Tiroler mit der Zither, der ungarische Zigeuner mit der Geige und das böhmische Harfenmädchen, sind allbekannt. Es ist begreiflich, daß ein solch musi- kalisch veranlagtes Volk auch eine ganze Reihe bedeutender Komponisten auf- zuweisen hat; es feien von solchen vor allem genannt die großen Klassiker Haydn und Mozart, ferner der Liederkomponist Franz Schubert. Auch manch bedeuten- den Maler und Dichter hat Österreich hervorgebracht; von ersteren z. B. Moritz v. Schwind, Hans Makart, Franz Defregger, von Dichtern Grillparzer, Zedlitz, Seidl, Rofegger u. a. Tonach nimmt Österreich-Ungarn nicht nur als staatlicher Organismus unter den Großmächten Europas eine hervor- ragende Stelle ein, es ist auch seinen Kulturausgaben gerecht geworden.
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