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1909 -
Berlin [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Geistbeck, Alois, Fischer, Heinrich, Geistbeck, Michael
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Zusammenfassende Überschau von Europa. 63
Geographische Ursachen der kulturellen Überlegenheit Europas.
Diese sind hauptsächlich folgende:
Europa ist unter allen Erdteilen ausgezeichnet durch seine Lage in der
Mitte der kontinentalen Halbkugel der Erde. Dadurch ist es in die
Mitte der bewohnten Erde gesetzt und das natürliche Zentrum des Welthandels
und Weltverkehrs.
In Bezug auf Küstengliederung übertrifft Europa bei weitem alle
anderen Erteile; es ist unter ihnen der individuellst gegliederte und reichstgestaltete,
infolgedessen auch unter allen Kontinenten der zugänglichste.
In seiner Bodengestalt trägt Europa durchaus den Charakter des Maß-
vollen an sich; es erschweren weder allzu ausgedehnte Hochebenen noch unüber-
steigliche Gebirge den Austausch der Kultur, wie z. B. in Asien. Überdies sind
die meisten Gebirge Europas infolge ihres Reichtums an Tälern und Pässen
außerordentlich wegsam und vielfach sogar durch Schienenstränge erschlossen (Alpen,
Deutsches Mittelgebirge). Sehr günstig ist auch die Streichungsrichtung der Ge-
birge. Sie ziehen vorherrschend von Sw. nach No. (z. B. die Alpen) oder von
So. nach Nw. (Deutsches Mittelgebirge). Infolge davon ist der Erdteil den
beiden vorherrschenden Luftströmungen — den trockenen Ost- und den feuchten
Westwinden — zugänglich. Der Osten empfängt daher im allgemeinen noch
genügende Feuchtigkeit, der Westen aber erfreut sich noch zahlreicher trockener Tage.
Die Ströme Europas können sich allerdings der Größe und Wasserfülle
nach nicht mit den Riesenströmen anderer Erdteile messen; dagegen durchziehen
sie den Erdteil nach allen Richtungen, befruchten den Boden — die Wüste fehlt
Europa gänzlich — und unterstützen den Verkehr. Diesem erweisen sie sich
besonders dadurch förderlich, daß sie ziemlich frei von Katarakten sind, nicht allzu
stark in ihrem Wasserstande schwanken und nicht zu oft und zu lange unter Eis
liegen. Insbesondere ist die Westhälste Europas durch die schiffbaren Flußläuse
bis tief ins Innere erreichbar, wodurch der Verkehr ungemein erleichtert wird.
Geringere Verkehrsbedeutung kommt den osteuropäischen Flüssen zu, da sie nur
in Binnenmeere münden.
Ganz außerordentlich bevorzugt erscheint Europa in klimatischer Hinsicht.
Es liegt fast ganz in der gemäßigten Zone und genießt die Wohltat eines
gemäßigten Klimas in weit höherem Grade als irgend eine andere unter gleichen
Breiten gelegene Landmasse (Golfstrom!). Dadurch wird im Gegensatz zu den
Tropengebieten und den Polarländern vorzugsweise eine stetige, regelmäßige
Arbeit des Menschen ermöglicht und somit eine hohe wirtschaftliche Entwicklung
der Völker begünstigt. Zudem erhält Europa vom Atlantischen Ozean her reich-
liche Niederschläge, welche die ausgiebige Bewässerung des Erdteils verursachen.
Die Produkte, welche Europa ohne besondere menschliche Anstrengung
liefert, sind weder sehr zahlreich noch sehr wertvoll. Aber gerade dieser Umstand,
daß auf dem europäischen Boden der Natur nur durch zähe Arbeit lohnender
Ertrag abgerungen werden kann, wirkte außerordentlich fördernd auf die Gesamt-
entwicklnng der europäischen Menschheit.
Endlich wird der Erdteil Europa zum allergrößten Teile von der begabtesten
aller Menschenrassen, der mittelländischen Rasse, bewohnt. Diese war