1909 -
Berlin [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Geistbeck, Alois, Fischer, Heinrich, Geistbeck, Michael
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
England. 81
gewaltigen Ringen verlor Frankreich seine Besitzungen in Amerika (die Gebiete am
Mississippi und Unterkanada) und in Ostindien. Große Schädigung erlitt dagegen
England durch den Abfall der 13 nordamerikanischen Provinzen (1776); sie wurde
indes im 19. Jahrhundert wieder wettgemacht durch die Besitznahme Australiens,
mehrerer Gruppen der Südseeinseln, des größten Teils von Südafrika und durch die
Aufrichtung des indischen Kaiserreiches, wo schon 1602 die britisch-ostindische Gesell-
schaft die ersten Niederlassungen gegründet hatte.
Auffallenderweise trat in England um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine
Richtung hervor, die den Wert von Kolonien bestritt, weitern Erwerb von solchen be-
kämpfte, ja das teilweise oder gar völlige Aufgeben der vorhandenen befürwortete.
Diese Richtung hat in den 60 er und 70 er Jahren des 19. Jahrhunderts den
Höhepunkt ihres Einflusses erreicht. Als aber dann andere Mächte, so Frankreich,
Deutschland, Rußland und Italien, die Ausdehnung ihres seitherigen Besitzes ver-
folgten, griff auch England wieder zu und zwar so rasch und erfolgreich, daß in den
letzten 25 Jahren Großbritannien dem räumlichen Umfange nach fast ebensoviel
Kolonialbesitz erwarb wie in allen Jahrhunderten vorher. Man sah wieder ein, daß
die Größe Englands auf den Kolonien beruhe. Ja, in neuester Zeit besteht das Be-
streben, den gesamten britischen Besitz zu einem wirtschaftlich einheitlichen Reiche zu
verschmelzen und Great ßritain (Großbritannien) zu einem Greater Britain (Größer-
Britannien) zu vereinigen.
Ursachen der kolonialen Größe Englands. Die Entwicklung der englischen
Kolonialmacht wurde durch verschiedene Umstände begünstigt. Sehr zu statten kam
England seine Jnsellage, die es von selbst zur Schaffung einer tüchtigen Flotte ver-
anlaßte. Dann gab es zeitig seine Absichten auf Ländererwerb in Europa auf, benutzte
dagegen mit großem Geschick die Kämpfe der Kontinentalmächte zur Erwerbung über-
feeischer Gebiete. Auch sein früh entwickelter Gewerbefleiß und seine leistungsfähige
Handelsflotte führten bald zu Macht nach außen und Wohlstand im Innern.
Dazu war im Gegensatz zur spanischen Kolonialherrschaft die englische Herrschaft
eine niehr wirtschaftliche als militärische. Anfänglich verfolgte freilich auch das eng-
lifche Verwaltuugssystem die bloße Ausbeutung der Kolonien wie das spanische. Der
Abfall der nordamerikanischen Provinzen veranlaßte aber England zur Gewährung
weitgehender Rechte an die Kolonien und ihre Eingeborenen. Es sieht seinen Vorteil
nicht mehr in engherziger Ausbeutung der Kolonien, sondern in freigestaltetem Ver-
kehr. Endlich hat England auch große Kapitalien für die wirtschaftliche Hebung der
Kolonien geopfert.
Im ganzen sind für die englische Kolonialpolitik folgende Gesichtspunkte kenn-
zeichnend: Möglichste Schonung der verschiedenen Eigentümlichkeiten der Eingeborenen
und frühzeitige Verleihung politischer Rechte an sie: dann mustergültige Umsicht, plan-
mäßiges Vorgehen und durchgreifende Tatkraft.
Besitzungen. Den wertvollsten Besitz Englands bildet das Kaiserreich Indien.
Mit seinen fast 300 Mill. Einwohnern spielt es im englischen Außenhandel mit die
hervorragendste Rolle. Freilich ist und bleibt Indien auch die empfindlichste Stelle
des englischen Kolonialbesitzes; denn trotz vieler segensreichen Neuerungen des eng-
lischen Regiments will dort das Gefühl, von den Fremden ausgebeutet zu werden,
nicht weichen.
Von größter Bedeutung für England sind ferner, da für Ackerbau und Aus-
Wanderung geeignet, Britisch-Nordamerika, Südafrika und Australien.
Ganz besonders erfolgreich war England in den letzten Jahrzehnten in Afrika,
namentlich im Süden und Osten dieses Erdteils. Im Süden hat es die Kolonie
Rhodesia gegründet und die Burenstaaten an sich gerissen. Im Osten ist Ägypten
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