1909 -
Berlin [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Geistbeck, Alois, Fischer, Heinrich, Geistbeck, Michael
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Die deutschen Landschaften und Stämme. 51
tiefeingesenkten und gegen die rauhen Nordwinde geschützten Tälern beginnt der
Frühling zeitig, der Herbst ist milde und trocken, der Winter kurz, wenn auch
manchmal hart, so daß sich der Rhein mit Eis bedeckt. Da überdies der Tal-
boden und vielfach noch die unteren Berghänge mit fruchtbarem Löß bedeckt sind,
so vereinigen sich hier alle Bedingungen zu fruchtreichem Gedeihen, am meisten
in der Oberrheinischen Tiefebene, „dem Garten Deutschlands". Da
werden besonders gepriesen die Weine des Elsaß, des Markgrafenlandes, der
Pfalz und namentlich des Rheingaus, die Kastanienwälder am Donners-
berg, die Kirschen ha ine um Freinsheim bei Frankenthal, die Spargel von
Schwetzingen, der Tabakbau in der Pfalz und die Hopfenkulturen Badens.
Aber auch außerhalb des Rheintals fehlt es nicht an edlen Erzeugnissen der
gabenfreudigen Natur. Geschätzte Weine bringen noch hervor das Moseltal, das
Neckartal, besonders um Stuttgart, und Franken, namentlich um Würzburg.
Frankfurts Rosenzucht hat die der Riviera überflügelt, Bambergs feines Ge-
müfe beherrscht die Märkte in München und Nürnberg, aus dem Württem-
bergischen Lande kommt viel Obst und Apfelwein, die Gegend um Hersbruck
und Spalt erzeugt gesuchten Hopfen. Überall aber in den fränkischen und schwä-
bischen Landen strotzen die Talebenen von goldenen Ährenfeldern, die meist
im Kleingrundbesitz bewirtschaftet werden, der die stärkste Bodennutzung zur Folge
hat. Doch finden sich auch Striche, in denen Moor oder Sand der Bodennutzung
im Wege stehen, so um Kolmar, im südlichen Teil der Pfalz, um Nürnberg u. a.
Verkehrslage. Das Rheintal ist die wichtig st e nordsüdliche
Verkehrsstraße Deutschlands, ja des Kontinents; es verknüpft die
Niederlande und das westliche Deutschland mit der Schweiz und weiterhin mit
Italien, und die nach O. und W. weit ausgreifenden Seitenäste dieses Fluß-
systems, Main und Neckar, Mosel und Maas, verketten auch die seitlichen Nachbar-
länder zu einem einheitlichen Verkehrsgebiet. Die Vereinigung so vieler Vorzüge
der Natur erklärt die hohe Dichte der Bevölkerung, die in Franken an 100 E.,
in Schwaben 120 E. auf 1 qkm beträgt und in der Oberrheinischen Tiefebene
sogar auf 150 steigt. In den Schnittpunkten der wichtigsten Verkehrslinien sind
volksbelebte Großstädte entstanden, deren rasches Wachstum dem der mittel- und
norddeutschen Städte nicht nachsteht, so Straß bürg (170000 E.), Mann-
heim (162000 E.), Ludwigshafen, Mainz, Frankfurt a. M. (334000 E.),
Nürnberg (300000 E.), Stuttgart (250000 E.).^
Industrie. Nicht zum wenigsten verdanken die Städte dieses Gebietes
lhre heutige Blüte dem gewaltigen Aufschwung ihres industriellen Lebens,
das durch das Saar und Ruhrkohlenrevier, sowie durch die sächsischen und
böhmischen Kohlenlager gefördert wird. Im Wasgau hat die Baumwollweberei,
deren Hauptsitz Mülhausen ist, sich großartig entwickelt. Die Bewohner des
Schwarzwaldes hat der Waldreichtum zur Holzschnitzerei, Uhren- und Musik-
instrumentensabrikation geführt, besonders in Furtwangen und Lenzkirch.
Pirmasens liefert Schuhwaren, Ludwigshafen Erzeugnisse der Chemie,
insbesondere Farben, Kaiserslautern Maschinen, Frankenthal Zucker,
Pforzheim und Hanau sind durch ihre Edelmetallwaren bekannt; Mann-
heim ist der größte Stapelplatz des süddeutschen Handels, namentlich in Ge-