1898 -
Halle a.d.S.
: Schroedel
- Autor: Tromnau, Adolf
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminaranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 41 —
ganzen Erde gehören derselben an. Im chinesischen Tieflande, das
etwa so groß als das Deutsche Reich ist, wohnen etwa 150 Mill. Leute, j
Die ungeheure Dichtigkeit der Bevölkerung nötigt jährlich Tausende
zur Auswanderung. In Indien, Australien und den Küstenländern
des großen Ozeans erscheinen die genügsamen und betriebsamen chinesischen
„Kulis" als bedrohliche Mitbewerber des weißen Arbeiterelements.
Der Chinese ist ein unermüdlicher Arbeiter und schlauer Händler, zeigt
musteriafle'sparsamkeit und bewundernswerte Genügsamkeit. Er ist nicht, wie
der Hindu, Gemüts-, sondern Verstandsmensch. Alles Ausländische betrachtet
er indes mit großer Geringschätzung. Daher haben denn auch in China die
großen Errungenschaften der Neuzeit auf dem Gebiete der Industrie und des
Verkehrs so gut wie gar keine Berücksichtigung gefunden. Diese Eigentümlichkeit
ist der eigenartigen Kulturentwickelung des chinesischen Volkes zuzuschreiben.
Die.kultur der Chinesen ist uralt, vielleicht älter als die der alten
Ägypter. "Die Träger derselben waren die außerordentliche Fruchtbarkeit des
Tieflandes, das günstige Klima mit seinen Monsunen und der Mineralreich-
tum der Gebirge. Das Land gewährte demnach seinen Bewohnern alle zum
Leben notwendigen Bedürfnisse in reicher Fülle und machte ihnen den Verkehr
mit der Fremde entbehrlich. Dazu kam die abgeschlossene Lage des Landes.
Durch Meer, Gebirge und Wüstenstrecken, endlich durch Länder mit niederem
Kulturstandpunkt war es von den jeweiligen Kulturländern getrennt. War
es da nicht natürlich, daß die Chinesen, von lauter „Barbaren" umgeben, ihr.
Land „das Reich der Mitte" nannten? Infolge der Jahrtausende langen Ab-
sonderung der Chinesen von andern Kulturvölkern mußte ihre Kultur eigenartige.
Formen annehmen und schließlich einer gewissen Erstarrung anheimfallen.j
Mit beispielloser Zähigkeit haben die Chinesen stets an uraltem Herkommen
und altersgrauen Überlieferungen festgehalten, dabei aber bereits frühe eine
bedeutende Höhe in ihren Kulturbestrebungen erreicht. Sie kannten schon lange
vor den Europäern die Buchdruckerkunst, das Papier, den Kompaß, die 'Stein-
kohlenseuerung, das Porzellan, die Gasbeleuchtung und das Schießpulver. —
Allein trotz aller Abneigung hat der Chinese schließlich sein Land dem Welt- '
verkehr öffnen müssen, und durch die wenigen Pforten (22 Freihäfen) zieht
abendländische Kultur in das alte Reich. Auch ist mit dem Bau von Eisen-
bahnen bereits ein Anfang gemacht.
Die(chinesische Sprach^ besteht aus einsilbigen Wörtern, die in ver-
schiedenen Stimmbiegungen gesprochen werden, "um""M"'kvelhen die Flexion
durch Zusatz anderer Wörter ersetzt wird. Die.....Zahl der verschiedenen Wort-
begriffe beläuft sich auf mehrere Tausend. Diej Schrift, zeigt senkrechte Reihen-
bildung, und jeder Wortbegriff hat einen bestimmten Charakter. Im gewöhnlichen
Verkehr genügen 2000, zum Verständnis der chinesischen Litteratur 5000 Wort-
zeichen. Im ganzen soll es aber gegen 40000 Schriftzeichen geben.
Dielauptnahruugsquelle der Chinesen ist der Ackerbau. In dieser
Hinsicht ist China das erste Land der Erde. Die Felder werden je
nach Bedarf fleißig be- und entwässert, die Dungmittel in zahlreichen
Formen angewandt. Selbst auf deu Seen und Flüssen schwimmen
Bambusflöße mit Gemüsefeldern, ja ganze Ansiedelungen. Die ^anpt-
Produkte sind Tbee und Reis. Alljährlich zieht der Kaiser nach altem
Brauche mit eigener Hand eine Furche mit dem Pfluge auf dem heiligen
Acker in Peking, um so den Bauernstand zu ehren. — Der chinesische
Gewerbefleiß liefert ausgezeichnete Seiden- und Baumwolleuzeuge,
Porzellanfabrikate, Schnitzereien, Lackwaren und Tusche in den euro-
päischen Handel. — Binnenhandel und -Verkehr wird durch zahlreiche
Kanäle gefördert; unter ihnen der bereits erwähnte rheinlange
Kaiserkanal.