1898 -
Halle a.d.S.
: Schroedel
- Autor: Tromnau, Adolf
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminaranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Nach außen hin ist das Ganze durch Zäune abgeschlossen und zuweilen
mit Palissaden befestigt. Bei manchen Stämmen findet sich auch die
viereckige Bauart, häufig in Gestalt der Tembe, die zahlreiche
Wohnungen um einen großen innern Lichthof enthält. Der Austausch
von Boden- und Kunsterzeugnissen zwischen entfernten Stämmen ist
wegen der Landesunsicherheit sehr gering; dagegen ist der lokale Handel
sehr entwickelt und wird durch Wochenmärkte wesentlich gefördert.
Leider ziehen sich die unmenschlichen Sklavenjagden, die von
Arabern und Indern unter Benutzung von Stammesfehden und Feind-
schaften unter den Negern frech betrieben werden, auch bis ins obere
Kongogebiet. Ganze Kulturgebiete sind dadurch iu Wüsteneien ver-
wandelt.
Wißmann entwirft eine ergreifende Schilderung von den Folgen solcher
Unmenschlichkeiten. Er traf auf seiner ersten Reise im Herzen Afrikas, wenige
Grade vom Äquator entfernt, eine Gegend von besonderer Schönheit und Frucht-
barkeit an, mit Wäldern und Flüssen und großen, wohlbevölkerten Ortschaften.
Die Einwohner waren ein ruhiges und friedliches Volk, das in schlichter Einfalt
ein glückliches Dasein „führte. Seit vielen Menschenaltern hatten sie das Land
inne, bebauten ihre Äcker und verstanden sich aus allerlei Gewerbe: Bereitung
von Rindentuch und Töpferwaren, Eisenbearbeitung und Holzschnitzerei. Mit
freundlichen Gesichtern liefen sie herbei, um dem weißen Mann zu Diensten zu
sein. — Vier Jahre später kam der Forscher wieder in dieses Land und fand
Wüsteneien, wo früher friedliches Leben geblüht hatte. „Als wir den Ortschaften
näher kamen" berichtet er, „wunderten wir uns, daß niemand sich blicken ließ,
uns zu bewillkommnen; kein froher Ruf ertönte. Wir betraten den tiefen Schatten
der mächtigen Palmen; zur Rechten und Linken waren die Aushaue, wo unsere
Freunde gewohnt hatten; hohes Gras hatte überwuchert, was uns früher das Herz
erfreute. Die Ernten waren zerstört, alles in eine Wüste verwandelt. Todesstille
herrschte; die hohen Palmen neigten ihre Häupter leise. Wir suchten vergeblick nach
den friedlichen Hütten, den Heimstätten des Glücks. Ein verkohlter Pfahl hierund
dort, ein paar Bananenbäume war alles, was noch davon zeugte, daß Menschen
hier gewohnt hatten. Bleichende Schädel am Weg und an Stangen geklammerte
Knochenhände sagten uns, was geschehen war, seit wir hier waren. . . . Man
sagte mir, daß einige wenige Flüchtlinge nach dem W. entkamen, jedenfalls nur
in geringer Anzahl im Verhältnis zu den Tausenden, ja fast Millionen, die
bei meinem ersten Besuch das Land bewohnten."
In den nördlichen Grenzgebieten des Kongostaates ist die
Menschenfresserei noch immer stark verbreitet, wie ein vom eng-
lischen Arzt Hinde 1897 herausgegebenes Buch über den kongostaatlichen
Feldzng gegen die Araber bestätigt. „Der Kongostaat hebt einen Teil
seiner Armee und die Besatzung seiner Schiffe aus dem Stamme der
Vaugala aus; die Baugala sind außerordentlich bildungsfähig, ge-
wandt, tapfer und dauernd, aber urwild und Kannibalen. Die
belgischen Offiziere wissen davon ein Liedchen zu singen, was es heißt,
die menschenfresserischen Soldaten der Kongoarmee in Zucht zu halten.
Bei Strafexpeditionen, bei denen diesen farbigen Soldaten größere
Freiheit gelassen wird, kommt ihre ganze Wildheit zum Ausbruch.
Morden, Niederbrennen, Menschensleischgelage, das lieben die Bangala.
Alle Bemühungen des Kongostaates, die Menschenfresserei bei den
Bangala und anderen Stämmen einzudämmen, haben bisher keine
großen Erfolge zu verzeichnen. Schon auf den Jagden zeigt sich die
Grausamkeit der Bangala. Sie töten nicht das getroffene Tier,