1902 -
Halle a. d. S.
: Schroedel
- Autor: Tromnau, Adolf, Schöne, Emil
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerinnenseminar, Präparandenanstalt, Seminaranstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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besteht bei beiden Geschlechtern aller Stände aus langen, faltigen Röcken
aus Seide und Baumwolle. Doch fängt in den höheren Kreisen
— namentlich bei Frauen und Mädchen — die europäische Kleidung
an, sich immer mehr einzubürgern. Das Hauptnahrungsmittel ist Reis,
daneben See- und Süßwasserfische und verschiedene ans Hülsenfrüchten
bereitete Speisen. Schlachtvieh wird in geringer Menge verbraucht.
Die Haup tua hruu gs q uelleu sind Ackerbau, Kunstgewerbe
und neuerdiugs Großindustrie und Handel.
Japan ist eigentlich ein Land ohne Haustiere. Der National - Japaner,
der weder Milch trinkt, noch auch Fleisch ißt, hat für die Kuh keine Verwendung.
Das Pferd ist in Japan auch nicht heinlisch und wird nur zum Gebrauch für
Fremde eingeführt. Die Lastkarren werden von Kulis gezogen oder geschoben,
und die Equipagen oder Sänften werden von Lakaien oder gemieteten Männern
befördert. Hunde finden sich in großen Rudeln verwildert; doch gibt es keine
zahmen Haushunde, da der Japaner sie weder zur Wacht, noch auch zur Jagd
verwendet. In dieser Eigenschaft finden sie in Japan auch nur wieder bei den
Ausländern Verwendung. Schafe und Ziegen sind ebenfalls unbekannt, ebenso
wenig werden Schweine gehalten. Wolle wird nicht verwendet, da Japan be-
kanntlich große Baumwollanpflanzungen hat und durch seinen Reichtum an
Maulbeerbäumen neuerdings auch vorzügliche Seidenzüchtereien besitzt, so daß
wollenes Zeug in Japan beinahe garnicht getragen wird. Schweinefett ist in
der Küche des Japaners ein unbekanntes Ding. Maultiere und Esel sind auf
der Insel ebenfalls fremd. Hühner werden wenig, Enten und Tauben höchst
selten und auch nur von Ausländern gehalten. Doch räumt das rastlos vor-
dringende europäische Kulturleben auch immer mehr mit der althergebrachten
Ernährungsweise des Volkes auf.
In Bezug auf Gewerbe und Wissenschaft waren die Japaner bis in die
neueste Zeit noch Schüler der Ehinesen und lebten in ähnlicher Abgeschlossenheit
wie diese. Seitdem es aber den Nordamerikanern gelungen ist, (1854) Japan
dem Verkehr mit Europa und Nordamerika zu öffnen, hat das geweckte
japanische Volk überraschend schnell viele Fortschritte unserer Kultur in Bezug
auf Gewerbe, Eisenbahn-, Telegraphen-, Heer- und Unterrichtswesen ange-
nommen, so daß die Japaner unstreitig das gebildetste mongo-
lische Volk sind. Zahlreiche junge Japaner studieren auf westeuropäischen
Universitäten und werden dann in ihrer Heimat Förderer^ abendländischer
Kultur. Sogar die Despotenherrschaft ist abgeschafft und eine Staatsverfassung
mit Volksvertretung eingeführt. Der Mikado ist das weltliche und geistliche
Oberhaupt. — Die Japaner sind außerordentlich fleißig im Anbau des Bodens.
Selbst steile Bergabhänge zeigen bei sorgfältiger künstlicher Bewässerung noch
ergiebige Terrassenkultur. Das japanische Kunstgewerbe ist uralt, und die japa-
nische Industrie ist derjenigen aller andern asiatischen Kulturländer weit voraus.
Die Japaner liefern ausgezeichnete Seidenstoffe, Glas-, Marmor-, Porzellan-
und Lackarbeiten, sowie eigenartige ^unstschnitzereien. Hauptausfuhrstoffe sind
indes Tee und Rohseide.
3. Orts künde, a) Anf der Hauptinsel Hondo oder Nippon:
Tokio (= Osthauptstadt), Hst. mit 1,5 Mill. E., in einer fruchtbaren
Ebene, in der Mitte der Ostküste an einer breiten, inselgeschmückten
Hafenbucht gelegen, ist bei seiner vortrefflichen Lage zu einer Riesenstadt
angewachsen. Das kaiserliche Residenzschloß, durch Wälle und Baumgehege
dem Blick Uneingeweihter entzogen, bildet mit seinen Gärten, Teichen, Villen,
Flüssen, Brücken einen Stadtteil für sich. Prachtvolle Tempel, stillgelegene
Paläste der Großen, niedrige Bürgerhäuser, heilige Haine, Gärten, Warenhäuser
und das bunte Volksgemisch in den schmalen Straßen der belebten Stadtviertel
machen in ihrer Gesamtheit auf den Europäer einen eigenartigen, aber groß-
artigen Eindruck.