Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Die fremden Erdteile - S. 72

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 72 — Alle Macht des Mahdireiches vereinigte sich in dein Oberhaupte desselben, dem Kalisa,^ Er regierte despotisch nach Laune und Willkür und wußte seine Grausamkeiten als Befehle des Propheten hinzustellen, der ihm in Visionen erschienen wäre und sein Tun und Lassen bestimmte. Zum persönlichen Dienst diente ein Heer von Eunuchen, Knaben, Sklaven und eine Leibgarde von 11000 Mann. Kamelreiter besorgten den Postdienst und trugen seine Befehle mit Windeseile nach den betreffenden Stationen des Reiches. Der Kalifa hielt äußerlich auf strenge Erfüllung der religiösen Vorschriften und Bräuche und suchte die großen religiösen Feste mit ausnehmendem Pomp zu umgeben. Zu seinem persönlichen Vergnügen und zur Übung in den Waffen veranstaltete er häufig eine Truppenschau oder auch ein Manöver, bei dem es allerdings bunt genug herging. Die innere Verwaltung war höchst einfach, sozusagen patriarchalisch organisiert. Ein Oberrichter, Kadi el Islam, war die letzte Instanz in Gerichtssachen, die im übrigen von den Kadis der einzelnen Städte oder Bezirke entschieden wurden. Die Finanzen verwaltete ein Hauptschatzmeister, an den alle Einkünfte des Landes abzuführen waren. Im übrigen hatten die in den einzelnen Provinzen stationierten Heerführer und Emire große Macht. Der Ackerbau wird im Sudan südlich von Berber nur während der Regenzeit betrieben, die im Norden Anfang Juli, im Süden Ende Mai oder Anfang Juni beginnt und etwa bis Ende Oktober dauert. Infolge der schwachen Bevölkerung und der fortgesetzten Unruhen im Lande liegt ein großer Teil der ausgedehnten Länderstrecken brach. Der kultivierte Teil des Ackerbodens wird mit den verschiedenen Durrhaarten bebaut, und für gewöhnlich genügt die niederfallende Regenmenge, die Frucht zur Entwickelung zu bringen. Bleibt indessen der Regen aus, so entsteht unter der armen, keine Vorräte besitzenden Landbevölkerung Not an Getreide. Sie müssen dann ihren Bedarf durch Ein- käuse bei den Reichen decken, die in günstigen Jahren nicht versäumen, größere Fruchtmengen aufzuhäufen, oder sie sind gezwungen, nach dem Süden bis Faschoda zu gehen und mit ihren Booten das eingehandelte Getreide in ihre Heimat zu bringen. Von Wadi Halsa bis Faschoda den Nil entlang und den blauen Nil bis Famaka aufwärts werden die Ufer mittels Wasserschöpfstangen (Nabr), die von Sklaven bedient werden, häufig aber auch durch Schöpfräder (Sakia), die von Ochsen getrieben werden, bewässert und infolgedessen bessere Getreidesorten, auch Weizen," Mais, Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen, Erbsen, ferner Kürbisse u. bergt, gewonnen. In der Nähe der Städte kultivieren die Besitzer derartiger Ländereien auch wohl Zucker- und Wassermelonen, Rettiche, süße Gurken und verschiedene Arten von Grünzeug, die auf dem Markte bei mäßigen Preisen stets Abnehmer sinden. Nach dem Ende der Regenzeit, also mit Anfang des Winters, wird der Boden vielfach zur Baumwollenkultur verwendet, die bisweilen auch auf den durch Schöpfräder bewässerten Userländereien betrieben wird. Den meisten Ertrag liefern die Inseln, welche während der Regenzeit vom Nil überschwemmt werden, nach dem Sinken des Wassers allmählich wieder emportauchen und nun das fruchtbarste Ackerland abgeben. Ausgedehnte Dattelkulturen gibt es besonders in Dongola und in dem zu Berber gehörigen Lande der Rubatat. Von dort werden die getrockneten Früchte in großen Massen nach Omdurman auf den Markt geschickt. Im Süden von Kordosan gewinnt man in den Wäldern Gummi arabicum, das früher den Reichtum der Provinz bildete, während der Herrschaft des Mahdi aber erheblich zurückginge Zur Zeit der ägyptischen Herrschaft erntete man jährlich 800000 bis 1 Million Eantar (1 Eantar = 44»/, Kilogramm), später kaum 30000. Der Handel des Sudan, früher sehr lebhaft und gewinnbringend, ver- fiel fast ganz während der Herrschaft des Mahdi. Die ehemals belebten *) Die nachfolgenden Schilderungen sind nach „dem Werkel „Feuer und Schwert im Sudan" von Slatin Pascha (einem Österreicher) bearbeitet, der 11 Jahre in der Gefangenschaft der Mahdisten zugebracht hat, bis es ihm 1895 gelang zu entfliehen.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer