1902 -
Halle a. d. S.
: Schroedel
- Autor: Tromnau, Adolf, Schöne, Emil
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerinnenseminar, Präparandenanstalt, Seminaranstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Alle Macht des Mahdireiches vereinigte sich in dein Oberhaupte desselben,
dem Kalisa,^ Er regierte despotisch nach Laune und Willkür und wußte seine
Grausamkeiten als Befehle des Propheten hinzustellen, der ihm in Visionen
erschienen wäre und sein Tun und Lassen bestimmte. Zum persönlichen Dienst
diente ein Heer von Eunuchen, Knaben, Sklaven und eine Leibgarde von
11000 Mann. Kamelreiter besorgten den Postdienst und trugen seine Befehle
mit Windeseile nach den betreffenden Stationen des Reiches.
Der Kalifa hielt äußerlich auf strenge Erfüllung der religiösen Vorschriften
und Bräuche und suchte die großen religiösen Feste mit ausnehmendem Pomp
zu umgeben. Zu seinem persönlichen Vergnügen und zur Übung in den Waffen
veranstaltete er häufig eine Truppenschau oder auch ein Manöver, bei dem es
allerdings bunt genug herging.
Die innere Verwaltung war höchst einfach, sozusagen patriarchalisch organisiert.
Ein Oberrichter, Kadi el Islam, war die letzte Instanz in Gerichtssachen, die im
übrigen von den Kadis der einzelnen Städte oder Bezirke entschieden wurden.
Die Finanzen verwaltete ein Hauptschatzmeister, an den alle Einkünfte des
Landes abzuführen waren. Im übrigen hatten die in den einzelnen Provinzen
stationierten Heerführer und Emire große Macht.
Der Ackerbau wird im Sudan südlich von Berber nur während der
Regenzeit betrieben, die im Norden Anfang Juli, im Süden Ende Mai oder
Anfang Juni beginnt und etwa bis Ende Oktober dauert. Infolge der schwachen
Bevölkerung und der fortgesetzten Unruhen im Lande liegt ein großer Teil der
ausgedehnten Länderstrecken brach. Der kultivierte Teil des Ackerbodens wird
mit den verschiedenen Durrhaarten bebaut, und für gewöhnlich genügt die
niederfallende Regenmenge, die Frucht zur Entwickelung zu bringen. Bleibt
indessen der Regen aus, so entsteht unter der armen, keine Vorräte besitzenden
Landbevölkerung Not an Getreide. Sie müssen dann ihren Bedarf durch Ein-
käuse bei den Reichen decken, die in günstigen Jahren nicht versäumen, größere
Fruchtmengen aufzuhäufen, oder sie sind gezwungen, nach dem Süden bis
Faschoda zu gehen und mit ihren Booten das eingehandelte Getreide in ihre
Heimat zu bringen.
Von Wadi Halsa bis Faschoda den Nil entlang und den blauen Nil bis
Famaka aufwärts werden die Ufer mittels Wasserschöpfstangen (Nabr), die von
Sklaven bedient werden, häufig aber auch durch Schöpfräder (Sakia), die von
Ochsen getrieben werden, bewässert und infolgedessen bessere Getreidesorten, auch
Weizen," Mais, Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen, Erbsen, ferner Kürbisse
u. bergt, gewonnen. In der Nähe der Städte kultivieren die Besitzer derartiger
Ländereien auch wohl Zucker- und Wassermelonen, Rettiche, süße Gurken und
verschiedene Arten von Grünzeug, die auf dem Markte bei mäßigen Preisen
stets Abnehmer sinden. Nach dem Ende der Regenzeit, also mit Anfang des
Winters, wird der Boden vielfach zur Baumwollenkultur verwendet, die
bisweilen auch auf den durch Schöpfräder bewässerten Userländereien betrieben
wird. Den meisten Ertrag liefern die Inseln, welche während der Regenzeit
vom Nil überschwemmt werden, nach dem Sinken des Wassers allmählich wieder
emportauchen und nun das fruchtbarste Ackerland abgeben.
Ausgedehnte Dattelkulturen gibt es besonders in Dongola und in
dem zu Berber gehörigen Lande der Rubatat. Von dort werden die getrockneten
Früchte in großen Massen nach Omdurman auf den Markt geschickt. Im Süden
von Kordosan gewinnt man in den Wäldern Gummi arabicum, das früher
den Reichtum der Provinz bildete, während der Herrschaft des Mahdi aber
erheblich zurückginge Zur Zeit der ägyptischen Herrschaft erntete man jährlich
800000 bis 1 Million Eantar (1 Eantar = 44»/, Kilogramm), später
kaum 30000.
Der Handel des Sudan, früher sehr lebhaft und gewinnbringend, ver-
fiel fast ganz während der Herrschaft des Mahdi. Die ehemals belebten
*) Die nachfolgenden Schilderungen sind nach „dem Werkel „Feuer und
Schwert im Sudan" von Slatin Pascha (einem Österreicher) bearbeitet, der
11 Jahre in der Gefangenschaft der Mahdisten zugebracht hat, bis es ihm 1895
gelang zu entfliehen.