Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Die fremden Erdteile - S. 76

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 76 — In keinem zweiten Lande auf der Erde hat das Wasser so viel für den Menschen getan, aber auch nicht der Mensch so viel für das Wasser getan als in Ägypten Ohne den Nil und das damit zusammenhängende künstliche Be- Wässerungssystem würden die 26000 qkm des heutigen ägyptischen Fruchtlandes ebenso tot daliegen wie der Wüstengürtel der Nachbarschaft. Der Schlick, den das Nilwasser aus dem Innersten Afrikas mit sich führt, ist der Kulturboden Ägyptens und zugleich der Dünger, der die unerschöpfliche Fruchtbarkeit dieses Bodens bis zum heutigen Tage erhält. Die jährlichen regelmäßigen Über- schwemmungen des Nils Anfang August bis Ende November beherrschen die Jahrtausende alte ägyptische Kultur und das ganze Leben des Volkes, regeln die Jahreszeiten und bemessen die jeweilige Fruchtbarkeit des Jahres. Sicher hat im Laufe der Zeit infolge der allmählichen Erniedrigung des Nilbettes, des Ausgleichs der einzelnen Flußstrecken, der Verminderung der Stromhindernisse und „der Erhöhung der Uferstrecken durch den abgesetzten Schlamm eine Abnahme der Überschwemmungshöhe des Nils und damit eine Verminderung des Kultur- landes stattgefunden. Von jeher hat aber eine gut organisierte Wasserbautechnik, die nur im 18. Jahrhunderte einen Verfall aufweist, diesen Übelständen entgegen- gearbeitet. Seit Urzeiten waren dreierlei Arten der Behandlung des Nilwassers gebräuchlich: die völlige ungeregelte Überschwemmung des Landes, die 4-5 Monate gleichzeitig befeuchtend und zerstörend wirkte, das Beckensystem, bei dem das Nilwasser ungefähr 50 Tage lang in einzelnen, durch Dämme abgegliederten Landbecken luhig seinen Schlamin absetzen konnte, und die sogenannte Sesi- Kultur. Bei der. letzteren ist der betreffende Distrikt von Dämmen umgeben, die ihn vor jeder Überschwemmung schützen; das während der Sommermonate nötige Wasser erhält er von hochliegenden Kanälen, die vom Nil aus teils durch Pumpwerke, teils durch Aufstauen des Stromes, teils durch einen Kanal gespeist werden, der den Nil genügend weit oben anzapft. Als 1884 englische Ingenieure die ganze Wasserwirtschaft Ägyptens übernahmen, begann eine neue Aera für das Land. Zunächst wurde eine im Nildelta schon von Mohammed Ali begonnene große Stauanlage (bei Kaliub) erfolgreich ausgeführt. Dies verdoppelte die Baum- wollernte des Deltas und erzeugte einen Mehrertrag von 60 Mill. M. Sodann wurde in Mittelägypten ein mächtiger Sesi-Distrikt an 9 Stellen mit dem Strome in Verbindung gesetzt und damit die alte Fruchtbarkeit wieder ge- Wonnen. Nun zeigte es sich aber, daß, obgleich im Sommer kein Tropfen des Nils mehr in das Meer gelangte, die gesamte Wassermenge des Stroms nicht ausreichte, um dem Fruchtlande die im Altertume vorhandene Ausdehnung zu geben. Dazu fehlte ein Sammelbecken ersten Ranges. Da trat die englisch- ägyptische Regierung einem lange hin und her erivogenen Plane näher: Sie begann 1898 mit der Aufdämmung des Nils beiaffuan. Ein Granit- dämm von 2 km Länge und 28 m Höhe ist gegenwärtig mitten durch den ersten Katarakt des Nils im Bau. Damit wird der südliche Teil von Nubien in einer Länge von 177 km in einen See verwandelt, der dem Nile im Sommer 1000 Mill. c'bm Wasser zuführen wird. Man rechnet darauf, daß durch das Stauwerk der Wert der ägyptischen Bodenerzeugnisse um 166 Mill. M. erhöht und eine jährliche Mehreinnahme des Staates von ziemlich 18 Mill M. erzielt wird. Die Pläne der englischen Wasserbautechniker reichen aber noch weiter. Man erwägt ernstlich die Aufstauung des Albert- und Tana-Sees und die Ein- dämmung des Stromes in den Sumpfdistrikten des Oberlaufs bis zur Mündung des Sobat. Man schätzt die Wassermenge, die allein bei Ausführung des letzten Projekts gewonnen wird° um 60% höher als die durch die Talsperre bei Assuan erzielte. 2. Die Bewohner. Den weitaus größten Teil der Bevölkernng nehmen die Landbewohner, die armen, geplagten Fellahin ei», deren Abstammung von den alten Ägyptern erwiesen ist, wenn sie auch von Mischung nicht frei geblieben sind. Reinerer, altägyptischer Abstammung sind die christlichen Kopten in Oberägypten, Zur arabischen Bevölkerung gehören die Beduinen, die ein Nomaden- leben führen und Viehhandel treiben. Die vornehmere Stadtbevölkerung
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer