1902 -
Halle a. d. S.
: Schroedel
- Autor: Tromnau, Adolf, Schöne, Emil
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerinnenseminar, Präparandenanstalt, Seminaranstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 173 —
Deutschen Reich, Deutsch-Österreich und der Schweiz. Es ist reich an
Urwäldern.
b) Die Llanos des Orinoco, über ivs mal so groß als das
Deutsche Reich, sind weite, hügellose Tiefebenen, welche den großen Bogen
des Stromes an seiner W.-Seite begleiten. — Der Orinoco entspringt
ans dem Parimgebirge, das er in einem großen w. Bogen umfließt.
Durch den Cafiquiäre steht er in natürlicher Verbindung mit dem
Rio Negro, einem l. Nebenfluß des Amazonas (Bifurkatiou oder
Flußgabelung). In ö. Laufe erreicht der Orinoco das Meer, in welches
er mit einem großen Delta mündet. Da die umliegenden Bergländer
den Winden ihre Feuchtigkeit nehmen, so sind die Ebenen ein großes
Steppengebiet mit einer Regenzeit (nach dem senkrechten Sonnen-
stände) und einer Zeit der Dürre. Unter den Einwirkungen der Regen-
zeit ein wogendes Grasmeer, das Weidegebiet von zahlreichen Rindern,
Pferden und allerlei Wild, dem der Jaguar auflauert, sind die
Ebenen zur Trockenzeit ausgedorrt und versengt. In dem aus-
getrockneten Schlamm halten Krokodile und Schlaugen ihren „Sommer-
schlaf"; in den Sumpfgewässern lebt der große elektrische Aal. — Das
Deltagebiet des Orinoco ist Urwald. — Die Llanos gehören größten-
teils zu Venezuela.
c) Die Selvas (= Urwälder) des Amazonas*) breiten sich im
Stromgebiete des Maranon (maranjon) oder Amazonenstromes
aus und siud etwa 7 mal so groß als das Deutsche Reich. Der Ober-
lauf des Marauou liegt im Hochgebirge der Anden. Hier fließt der
Strom in einem nach N. gerichteten Längstal, durchbricht das Gebirge
in einer Reihe von Felsentoren und tritt dauu in die große, mit Ur-
wald bedeckte Ebene ein. In langsamem, ruhigem Laufe, fortwährend
durch große Nebenflüsse verstärkt, wälzt er seine Fluten nach dem Meere.
Seine Mündung macht den Eindruck, als ob sich hier ein Süßwasser-
meer mit dem Ozean verbindet. Von der Mitte des Stromes erblickt
man im Mündungsgebiet kaum die Ufer. Von den zahlreichen Neben-
flüssen des Amazonas sind wohl 20 so lang wie der Rhein. Der
größte, Madeira (madera), kommt der Donau gleich. — Obgleich der
Amazonas an Länge von andern Strömen übertroffen wird, so hat
er doch den größten Wasserreichtum und das umfangreichste
Stromgebiet der Erde. Für die Binnenschiffahrt ist der Strom
von größter Bedeutung.
Die Menge der Niederschläge, der..Reichtum des Wassergeäders und die
tropische Wärme bringen die wundersame Üppigkeit des Pflanzenwuchses hervor.
Das Urwaldgebiet zeigt eine übergroße Mannigfaltigkeit blütenreicher
Waldgewächse. Dicke Baumriesen, starke Schlinggewächse und ein überaus
dichtes Unterholz bringen jene Undurchdringlichkeit des Waldes und ein dämmer-
gleiches Waldesdunkel hervor, wie dies nur der brasilische Urwald aufzuweisen
hat. — Reichhaltig ist auch die Tierwelt. Das meterlange Wasserschwein
*) Der Name „A mazonenstro m" stammt von dem Spanier O r e l l a n o,
der den Fluß 1544 befuhr. Die Indianer nannten ihn nämlich „Amassona,"
h. Bvmerstörer; O. schloß daraus auf das Vorkommen von Amazonen an
seinen Ufern. Der Name Maranon wird neuerdings auf eine Baumfrucht an
den Ufern seines Unterlaufs angewendet.