1911 -
Berlin [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Geistbeck, Alois, Fischer, Heinrich, Geistbeck, Michael
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
24 Europa. ^
genießen seine Mode- und Luxuswaren, weitbekannt sind die feinen franzö-
sischen Liköre (Cognac nördlich von Bordeaux) und Käsesorten (Fromage de Brie).
Die vorzügliche geographische Lage des Landes, sein Produktenreichtum, der
Fleiß seiner Bewohner und nicht zum wenigsten die viel glücklichere politische Eut-
Wicklung des Staates gegenüber dem so lange zersplitterten Deutschland haben
Frankreichs Handel schon sehr frühe recht günstig gestaltet. Die Einfuhr
besteht vorwiegend in Rohstoffen, die Ausfuhr in Fabrikaten. Recht ansehnlich
ist übrigens auch die Ein- und Ausfuhr von Nahrungsmitteln. In den
letzten Jahrzehnten wurde Frankreichs Handel freilich von Deutschland be-
deutend überflügelt. Der deutsche Außenhandel beläuft sich gegenwärtig aus
16 Milliarden Mar!, der französische nur auf 8 Milliarden. Ein Grund hie-
für liegt in der ganz geringen Bevölkerungszunahme Frankreichs. Während
Deutschlands Bevölkerung au Zahl stetig steigt, kommt Frankreich über seinen
alten Bestand fast nicht hinaus; daher auch die schwache Beteiligung der Fran-
zosen an der überseeischen Auswanderung. Diese beiden Tatsachen sind vor allem
die Ursache davon, daß Frankreich von seinem großen Kolonialbesitz nicht jenen
Zuwachs von Macht erfährt, den ihm die nahegelegenen Länder seiner afrikanischen
Kolonien gewähren könnten.
Verfassung. Frankreich ist eine Republik, an deren Spitze ein Präsident steht.
Die einzelnen französischen Landschaften.
1. Das mittelmeerische Frankreich.
Das Rhonetal. Es war schon im grauen Altertum eine sehr wichtige
Verkehrsstraße. Zinn und Bernstein wanderten auf diesem Wege aus Nordeuropa
zum Mittelmeer herab, und im Mittelalter zogen die Deutschen häufig über das
Rhonetal und den Mont Cenis nach Italien. Umgekehrt drangen durch das
Rhonetal auch die Segnungen der mittelmeerischen Kultur nach Nordeuropa.
In dem warmen italienischen Klima des Rhonetales reifen
von Orange abwärts Oliven und Südfrüchte, und auch die Pflan-
zun gen von Maulbeerbäumen, die dem Seidenspinner die Nahrung liefern,
sind äußerst zahlreich; Lyon (470000 Einw.) ist der bedeutendste Fabri-
kationsplatz für Seide geworden. Westwärts davon erstreckt sich ein mächtiges
Kohlenlager; hier St. Etienne mit seiner großartigen Metall- und Seidenindnstrie.
Am Unterlaufe der Rhone liegt Avignon, das im Mittelalter den Päpsten
70 Jahre lang als Residenz diente.
Östlich des unteren Rhonetales dehnt sich die Provence aus mit ihrem
sonnigen, milden Klima, daher hier die berühmten Winterknrorte Cannes, Nizza,
Mentone. Auch der Zauber der Poesie ruht über diesem reizvollen Lande;
war doch die Provence im Mittelalter das Land der Troubadours, die für unsere
deutschen Minnesänger vorbildlich wurden. Dank seiner günstigen Verkehrslage
entwickelte sich an der buchtenreichen Steilküste Marseille (über 1l-2 Mill. Einw.)
zum größten Seehandelsplatz Frankreichs, geschützt durch den nahen Kriegs-
Hafen Tonlon (100000 Einw.).
Nördlich von Lyon zieht sich zu beiden Seiten der Saöne die Landschaft
Burgund hin mit ihren trefflichen Weinen, für welche Dijon der Stapelplatz ist.