1873 -
Dresden
: Meinhold
- Autor: Kleinpaul, Bernhard
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Rußland.
Klima.
Produkte und Beschäftigungen.
Stämme und
Rußland hat in allen seinen
Theilen kontinentales Kli-
ma. Nur ruft die verschie-
dene Breite außerordentliche
Unterschiede hervor, so daß
wir, abgesehen von dem
nördlichsten Strich mit
einem Uber 8 Monate langen
Winter und kurzem Som-
mer, 3 Hauptzonen nnter-
scheiden können:
1. Die nördliche oder kalte
Zone vom 67° — 57°.
Der Winter währt 6
bis 7 Monate; Herbst
und Frühling sind von
kurzer Dauer.
2. Die mittlere oder gemü-
ßigte Zone vom 57 ° bis
50°. Zwischen den bei-
den Landrücken gelegen,
hat sie schon deutlich
hervortretende Früh-
lings- und Herbstzeit
und eine Mitteltempera-
tur von 4,5 ° R.
3. Die südliche oder warme
Zone vom 50 ° — 45 °.
In ihr ist die Früh-
lings- und Herbstzeit
angenehm, der Som-
m er heiß und trocken, der
Winter kurz, jedoch oft
noch streng, wenn auch
zeitweise durch Thauwet-
ter unterbrochen. Die
mittlere Jahrestempera-
tur beträgt 6,5° R.
Hierzu kommt ein Zu-
nehmen der Kälte von
W e st n a ch O st unter gleicher
Breite.
Als charakteristisch in Bezug auf die
Pflanzenwelt treten in den wenigen frncht-
baren Strichen des Südens (besonders in
der südlichen Krim) edle Weine und Südfrüchte
aller Art hervor.
Die fruchtbare Mitte ist die eigentliche Re-
gion des Getreides und des Laubwaldes (Linde).
Dagegen findet sich wenig Obst.
Der Norden birgt die großen Nadelholz-
und Birkenwälder. (Die Birke ist der eigent-
liche nordrussische Baum.)
Unter den Thieren finden sich im äußer-
sten Norden:
Rennthiere, Eisbäre, Füchse, Robben,
Eidergänse und Fische,
wozu südlicher bereits das Edelwild tritt.
In der Mitte sind meistentheils dieselben;
nnter den Raubthieren tritt namentlich der
Wolf hervor.
Dazu kommen
Rindvieh und Pferde (besonders im Westen),
und als 2 ganz seltene Wiederkäuer:
der Auerochs (in Litthauen — sonst nirgends)
und das Elennthier im Westen.
Im Süden tritt neben den Hausthieren
auch das Kameel auf.
Endlich ist noch der große Reichthum an
Fischen zu erwähnen.
Das Mineralreich liefert
edle Metalle, edle Steine und Salz am Ural,
letzteres auch in den Steppenseen des Südens.
Die Bewohner beschäftigen sich demgemäß
mit
1. Ackerbau, Weinbau und Viehzucht
2. Forste Jagd- und Fischereibetrieb,
3. Bergbau (Jekaterinburg),
4. Industrie (Textil-, Lederindustrie, Brannt-
weinbrennerei, Metallindustrie, Schiff-
bau). Sie ist im Ganzen ein künstliches
Produkt. Hauptsitz Moskau.
5. Handel, zu welchem der Großrusse natür-
liche Befähigung mitbringt. Derselbe
wird durch natürliche und künstliche
Wasserstraßen im Sommer, durch vor-
treffliche Schlittenbahn im Winter, wie
durch Eisenbahnen zu allen Zeiten unter-
stützt und hat als
Binnenhandel seinen Centralpnnkt
in Nifhnij - Nowgorod, als
Seehandel (vorzugsweise von eng-
tischen Kaufleuten betrieben) in Krön-
stadt (Petersburg) und Odessa.
Haupt ei n fnh r artikel: Colouial-
waaren, Maschinen:c.,
Hauptausfuhrartikel: Flachsund
Hanf, Getreide, Rindvieh,
Leder, Pelzwerk?c.
Rußland bietet zwar eine ungeheure Manig-
faltigkeit von Völkern dar (im Ganzen über
100 Völkerschaften und mehr als 40 Sprachen),
unterscheidet sich aber dadurch günstig von Oester-
reich, daß ein Hauptstamm (der slavische) der
vorherrschende ist, während die übrigen Nationen
nur als Völkertrümmer oder als Eingewanderte
zu betrachten sind, die beide Mal in der Zahl
außerordentlich nachstehen. So zeigt Rußland so-
gar eher ethnographische Gleichförmigkeit, als Ma-
nigfaltigkeit.
A. Z^aukasier.
ca. 48 Mill. Russen:
©r oft rußen in den Centralprovinzen,
das eigentlich herrschende Volk, und
Kleinrussen in Kleinrußland und Süd-
rußland. Hierher gehören die Ko-
saken, zum Reiterdienst verpflichtete
Colonisten;
ca. 5 Mill. Polen, „die Franzosen des Nordens";
ca. 3 Mill. Letten (Litthauer, Letten und Kuren)
im Gebiet des Niemen und der Düna;
ca. 4/5 Mill. Deutsche in den Ostseeprovinzen, im
südlichen Rußland und in den größeren
Städten;
ca. Vji Mill. Kankafier (Ciskaukasier, Abchasen,
Tscherkessen jc.);
ca. 2ya Mill. Inden im westlichen Rußland, be-
sonders in Polen.
B. Als Aebergang von der mongolischen
zur kaukasischen Rasse:
Der finnische Stamm, gegen 3 Mill. Hierher
gehören
die Finnen (im engeren Sinne) in Finnland;
sie sind stark, von mittlerer Statur,
voll geistiger Tiefe, voll Hang zur Poesie
und Gesang, bieder, gastfreundlich, treu,
religiös, doch auch starr, jähzornig und
rachlustig;
die Sarno^eden am Eismeer;
die (Eschen in Nordlivland und Esthland;
die Lappen in Finnland, jenseits des 68° und
auf Kola.
Der türkische Stamm (Tataren), ziemlich 5 Mill.,
und zwar:
Kirgisen in den Steppen des caspifchen
Meeres;
Baschkiren um Perm und Orenbnrg.
0. Mongolen.
Kalmücken am Knie der Wolga bis Sarepta.
Sie werden auch mit zu den Tataren ge-
rechnet.