1911 -
Hannover-List [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Marquardt, Rudolf, Heise, Ernst
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt, Präparandenanstalt, Lehrerseminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 61 —
große Fruchtbarkeit auszeichnen. Im allgemeinen trägt das Tiefland
jedoch den Charakter der Steppe. Dieser ist am besten in der Debrecziner
Heide zu erkennen. Auch hier ist die Steppe arm an Bäumen und
anderen hochstämmigen Gewächsen. Die große Trockenheit des
Sommers ist dem Gedeihen der Pflanzen hinderlich. Hochstämmige Ge-
wächst können nicht alle ihre Entwickelungsstadien durchmachen; denn
Auskeimen und .Gedeihen der Pflanzen muß in der kurzen Zeit von
Anfang April bis Ende Juni erfolgen. Wo sich aber Bodenanschwel-
lungen finden, da sind diese zumeist auch mit Wald bestanden. Das
führen die reicheren Niederschläge dieser Gebiete herbei, welche die
Dürre des Sommers abschwächen.
Die Reize der Steppe und die Entwickelung des pflanzlichen
Lebens m derselben schildert Kerner von Marilaun in seinem Werke über
das Pflanzenleben der Donauländer in treffender Weise. — Wenn kaum
der letzte Schnee von der Steppe verschwunden ist, dann öffnen sich
Tausende von Blütensternen gegen den Frühlingshimmel. Ist der blumen-
reiche Mai auf die Pußta gezogen, so „sprießt und treibt alles aus dem
sandigen Grunde empor, als ob jedes der Steppengewächse (Schwertlilie^
Wollkraut, Ochsenzunge, Sandnelke, Lippenblütler, zahlreiche Gräser u. v. a.)
den schönsten der Monate mit seinen Blüten schmücken wollte." Ende
Mai erreicht dann die Vegetation ihren Höhepunkt. „Unglaublich
schnell erblühen und verwelken dann alle Pflanzen. Die Dolden, Trauben
und Rispen, die vor einer Woche noch mit tausend Blüten prangten, sind
heute mit Früchten bedeckt und abgedörrt; und wenn auch immer noch
neue Pflanzengruppen an der Stelle der abgeblühten emporsprießen, so
ist doch das lebensfrische Bild, das uns die Grassteppe im Mai gezeigt,
verloren... Unter den glühenden Strahlen der Augustsonne wird
die Steppe zur trostlosen Einöde. . . Erst wenn die milden Tage
des Nachsommers heranrücken, wenn sich dann ein klarer Herbsthimmel
über das Alföld wölbt, schmückt sich die Pußta noch einmal, zum letzten-
mal, mit ihren Blüten. Aus den seegrünen Polstern der Sandnelke sind
noch einmal einige blasse duftige Blumen hervorgesproßt. Der zierliche
Sandkröterich, in seiner Blütenentwickelnng alle Nuancen vom tiefsten
Purpur bis zum reinsten Weiß durchlaufend, schmiegt sich.jetzt dem
blütenarmen Boden an. Zahlreiche Pilze tauchen zu dieser Zeit aus dem
Sande empor, und die Zeitlose erblüht als Bote des hereinbrechenden
Winters. Der fliegende Sommer', die Fäden der Wanderspinne, vom
Herbstwinde getragen, schweben jetzt über die Steppe hin, und bald erschaut
das Auge nur Schnee und Schnee ringsum auf der winterlichen Steppe,
über welche der frostige Karpatenwind düstere Wolkenmassen einherjagt."
Doch die Kultur hat auch ihren Einzug in die weiten Ebenen der
Steppe gehalten. Der Dampfwagen durchbraust heute den unermeß-
lichen Raum nach allen Richtungen. Ganze Strecken sind unter den
Pflug gekommen, gutgepflegte Äcker sind entstanden, so daß die Be^