1913 -
Halle a.S.
: Schroedel
- Autor: Wulle, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 7
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Präparandenanstalt, Lehrerbildungsanstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 229 —
anderes erwarten. Konnte doch das Mutterland seine Kinder
überm Meer nicht schützen. Erst nach dem großen nationalen
Kriege von 1870/71 und der durch ihn herbeigeführten Einigung
aller deutschen Stämme zu einem mächtigen Reiche .sanden die
deutschen Brüder jenseit der schwarzweißroten Grenzpfähle eine
kräftige Rückenstärkung, konnten sich ihr Volkstum bewahren
und dem Vaterlande erhalten bleiben. Welcher Gewinn aber,
wenn den Hinausziehenden in Gebieten unter deutscher Herrschast
eine Unterkunft geboten werden konnte!
Dazu kam 2. der wirtschaftliche Aufschwung nach dem großen
Kriege. Der deutsche Handel mit überseeischen Ländern und die
deutsche Schiffahrt nahmen einen ungeahnten Aufschwung; es
entstanden Unternehmungen in überseeischen Ländern. _ Hierfür
den erforderlichen Schutz gegenüber dem Neid und dem Widerstand
der' bisher die See beherrschenden Völker zu gewähren, führte
zur Ausgestaltung der Kriegsmarine, die Stützpunkte unter der
schwarzweißroten Flagge an den Küsten überseeischer Länder
bedurfte.
Sodann sah man 3. ein, in welcher gefährlichen Abhängigkeit
in der Befriedigung unserer kolonialen Rohstoffbedürfnisse wir
vom Auslande stehen. Besteht doch unsere gesamte Einfuhr zu
vier Fünfteln aus Rohprodukten für unsere hochentwickelte
Industrie und für Nahrungsmittel (einschließlich Vieh), und wir
zahlten für solche Produkte, die wir auch in unfern Kolonien er-
zeugen können, noch im Jahre 1905 weit über eine Milliarde J!s>
an auswärtige Kolonien. Könnte nicht versucht werden, so fragte
man, diese Stoffe wenigstens zum Teil in eigenen Kolonien zu
bauen, diese aber durch Einbeziehung in unsere Kultur und
Steigerung ihrer Bedürfnisse zu Abnehmern unserer Industrie-
erzeugnisse zu machen? Wird doch ein großer Teil der Rohstoff-
bedürfnisse durch unsere Jndustrieprodukte bezahlt.
Endlich ist es 4. die Pflicht eines christlichen Großstaates, sich
seiner Glaubenssendboten anzunehmen, schon deshalb, weil sie
als Pioniere ihres Volkstums in den Heidenländern betrachtet
werden müssen. „Ursprünglich vom rein religiösen Standpunkte
ausgehend, uuterweist der Missionar die Naturmenschen unwill-
kürlich in den Sitten seines Volkes, ja bald selbst in dessen
Sprache, und so trägt er mit seiner Persönlichkeit ein Stück von
dem Wesen seiner Nation in das Bekehrungswerk und in die
fernen Heidenländer hinüber" (Eckert).
Den unmittelbaren Anstoß zu der gegenwärtigen Erwerbung
von Kolonien gaben die Hinderungen, welche eingeborne Stämme
und auf unsere wirtschaftlichen Erfolge seit 1870/71 argwöhnische
Mächte den deutschen Handelsniederlassungen entgegenstellten.
Zunächst wurde im April 1884 das sogen. Lüderitzland unter
deutschen Schutz gestellt, darauf folgte die Flaggenhiffung
in Togo und Kamerun, in Ostafrika, in Kaiser Wilhelmsland,
im Bismarckarchipel und auf den Marschallinseln. Damit war