1906 -
Halle a.S.
: Schroedel
- Autor: Wulle, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar, Lehrerbildungsanstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Teile, besonders das Riesengebirge und der Böhmerwald, wo keine
älteren slavischen Ortsnamen sich finden.
Die wichtigste Scheidung der Deutschen ist heute die in Nord-
und Süddeutsche oder mundartlich in Nieder- und Ober- oder
Hochdeutsche (ick und ich, dat und das.) Die Grenze zwischen
nieder- und oberdeutsch verläuft (s. die Völkerkarte im Schulatlas
von Diercke und Gäbler!) von Venlo an der Maas über Creseld,
Barmen, den Ederkopf, Kassel, nach dem Unterlauf der Saale und
rechts der Elbe von Wittenberg über Lübben, Fürstenberg bis
Meseritz und trifft einige Meilen nö. von hier auf polnisches Sprach-
gebiet. Eine oberdeutsche Exklave bildet nur die Umgebung von
Klausthal auf dem Oberharz. Von den niederdeutschen Dialekten
ist das Friesische fast ganz verschwunden. Das dem Friesischen
verwandte Holländische oder Niederländische, von den Bewohnern
selbst „Nederduitsch" genannt, hat sich zur selbständigen Schriftsprache
entwickelt. Eine mundartliche Abweichung des Holländischen ist das
Vlaemische, das in neuerer Zeit den Kampf mit dem die Herrschaft
- in Belgien führenden Französischen aufgenommen hat. Alle übrigen
niederdeutschen Dialekte faßt man mit dem Ausdruck „plattdeutsch"
zusammen; sie heißen auch niedersächsisch, da sie mit den Niedersachsen
nach W. und mit'der Germanisierung des O. durch die überelbischen
Sachsen sich über das heutige Mecklenburg, Brandenburg, Pommern
und Ostpreußen verbreitet haben.
Die oberdeutsche Mundart zerlegt man wieder in die mittel-
deutsche und die eigentliche oberdeutsche. Der erstgenannten gehören
an die Rheinfranken, Hessen, Thüringer und Obersachsen. Die
Deutschen Schlesiens (sowie auch die Böhmens und Mährens) ge-
hören mit Ausnahme der Gebirgsbewohner teils zum sächsischen,
teils zum fränkischen Stamme. Süddeutsche sind die Franken im
Gebiet des Mains, die Bayern, Schwaben und Alemannen
Man nennt die Sprache des Oberdeutschen mannigfaltiger,
färben- und tönereicher, die des Norddeutschen mehr glatt und ein-
förmig, der Natur des Landes entsprechend 2. Die oberdeutsche
Mundart ist gekennzeichnet durch Konsonantenhärte und Breite der
Vokale, die niederdeutsche durch Milderung der harten Konsonanten
und Verkürzung der vollen Vokale und Diphthonge. Einen unver-
kennbaren Einfluß scheint die Natur des Landes auf die Bewohner
geübt zu haben. Dem Bewohner des flachen, sumpfigen und nebe-
ligen und daher auch ernsteren und trüben Nordens schreibt man
kaltes Blut, Phlegma, melancholisches Temperament, Versenken in
sich selbst, Vorherrschen der Verstandestätigkeit zu; in dem abwech-
selungsreichen, heiteren und lebensvollen Süden findet man mehr
1 Proben verschiedener Mundarten sind in jedem größeren Lesebuch enthalten. 2 Schak-
mayer, Deutschlands Norden und Süden.