1911 -
Hannover-List [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Marquardt, Rudolf
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
Schlitten während der ganzen Zeit fast tragen mußten; schließlich wurde
es aber zu arg. Ich war auf Schneeschuhe» eine gute Strecke vorausgeeilt,
fand aber keine Aussichten auf Vorwärtskommen und erblickte selbst von
den höchsten Hügeln überall nur dasselbe Eis. Es ist ein wahres Chaos
von Eisblöcken, das sich bis an den Horizont ausdehnt. Es hat keinen
Sinn, noch weiter vorzudringen; wir opfern die kostbare Zeit und erreichen
nichts. Ich beschloß daher, umzukehren und uusern Kurs auf Kap Fligely^)
zu richten ...
Mittwoch, 24. Juli. Endlich hat das Wunder sich ereignet. Land,
Land, nachdem wir unsern Glauben daran schon beinahe aufgegeben hatten?
Nach fast zwei Jahren sehen wir wieder über die nie endende weiße Linie
dort am Horizont etwas aufsteigen. Diese weiße Linie hat sich seit vielen
Jahrtausenden über dieses einsame Meer ausgedehnt und wird sich in künf-
tigen Jahrtausenden ebenso darüber ausdehnen. Wir verlassen das Eis
und lassen keine Spur hinter uns zurück; denn die Fährte unserer kleinen
Karawane über die endlosen Ebenen ist längst verschwunden. Ein neues
Leben beginnt für uns, während das Eis immer dasselbe bleibt.
(4. Winterquartiers) Bärenjagd.) Da wir auch am folgenden
Tage (28. August) am Weiterkommen nach Süden verhindert waren und
der Herbst jetzt herannahte, beschloß ich endlich, den Winter über hier zu
bleiben. Ich glaubte, wir hätten noch mehr als 223 Kilometer zu gehen,
um Eira-Hasen") oder das Winterquartier Leigh-Smiths zu erreichen. Es
könnte uus wohl lange Zeit kosten, um dorthin zu gelangen, und dann
würden wir noch nicht sicher sein, eine Hütte zu finden. Und wenn wir
hinkämen, würde es mehr als zweifelhaft fein, ob vor Eintritt des Winters
noch Zeit genug wäre, ein Haus zu bauen, sowie Vorräte für den Winter
zu sammeln. Es war daher unzweifelhaft das sicherste, sofort mit den
Vorbereitungen für das Überwintern zu beginnen, solange noch reichlich
Wild zu bekommen war, auch war hier eine gute Stelle zum Überwintern.
Das, was ich jetzt gern zuerst getan hätte, war, die Walrosse zu schießen,
die während der ersten Tage auf dem Eise gelegen hatten, doch waren sie
jetzt natürlich verschwunden. Das Meer schwärmte aber von ihnen; sie
bellten und schnaubten Nacht und Tag. Um für eine Begegnung mit ihnen
bereit.zu sein, entleerten wir unsere Kajaks, damit wir bei dieser einiger-
maßen gefährlichen Jagd damit leichter manövrieren könnten.
Während wir so beschäftigt waren, bekam Johanfen zwei Bären in
Sicht, eine Bärin und ihr Junges, die von Süden her am Rande des
Eises entlang kamen. Unverzüglich ergriffen wir unsere Büchsen und gingen
ihnen entgegen. Als sie die Küste erreichten, waren sie in Schußweite, und
Johansen jagte der Mutter eine Kugel durch die Brust. Sie brüllte, biß
in die Wunde, taumelte ein paar Schritte weiter und stürzte hin; das
Junge wußte nicht, was der Mutter fehlte, war um sie herum und be-
schnüffelte sie. Als wir uns näherten, lief es eine kleine Strecke den Ab-
hang hinaus, kam aber bald wieder zurück und beugte sich über die Mutter,
als ob es sie gegen uns verteidigen wollte. Ein Schrotschuß machte seinem
1) Im Norden von Franz-Joseph-Land.
2) ®om 28. Aug. 1895 bis 19. Mai 1895 auf der Frederick-Jackson-Jnsel (Franz-
Joseph Laud).
3) Westlich von Kap Flora, im Südwesten von Franz-Joseph-Land.