1911 -
Hannover-List [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Marquardt, Rudolf
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 38 —
suchen, die eine zunehmende Kaufkraft aufweisen und doch keine Konkurrenz
schaffen, es sei denn unerheblich in Tabak oder in der Butter, soweit wir
sie nicht sowieso von auswärts beziehen.
(2. Zuckerrohr, Kaffee, Butter.) Für den Anbau von Zucker-
rohr eignet sich aus klimatischen Gründen (größerer Zuckergehalt) der Norden
Brasiliens weit besser als der Süden. Da außerdem das an Höhenzügen
reiche Blumenau frostfreies*) und dabei flaches Land, auf dem das Zucker-
rohr am besten gedeiht, nur in geringerer Ausdehnung besitzt, eignet sich die
Kolonie aus geographischen Gründen nicht als Zuckerausfuhrland. Dagegen
wäre der Eigenverbrauch iu der Kolonie wohl zu decken. Infolge des hohen
Preises guter ländlicher Arbeitskräfte ist in Blumenau der Zuckerrohrbau
aber nur für Leute mit großer Familie rentabel. Gepflanzt werden ver-
schiedene Arten, eine Art besonders als Viehznfutter. Zur Zuckergewinnung
werden sogenannte „Zuckergeschirre", Göpelwerke mit drei Walzen, verwandt,
die von Ochsen gezogen werden. Bei hölzernen Walzen werden nach Ballod^)
4 — 5 °/0, bei eisernen Walzen 7—8 °/0 des Rohrgewichts als Zucker gewonnen.
Mittels Diffusionsprozesses ließe sich der Ertrag auf 12—13°/0 steigern;
es fehlt aber auch hier an rationelleren Betrieben und dem dazu nötigen
Anlagekapital. Tschudi**) rechnet im Jtajahytal 750 kg Zuckerertrag nebst
einer Pipe (480 1) Branntwein (Eacha^a) auf den preußischen Morgen,
d. h. 60 000 kg Rohr für den Hektar. Auf gut gedüngtem Land seien die
Erträge um 50 °/0 höher. Nach Tschudis Angabe beträgt der Zuckergehalt
uicht unter 15%. Am Bra^o do Norte (Tubarto) erzielen tüchtige Kolo-
nisten trotz unvollkommener Einrichtungen 300—500 Arroben — 4500 bis
7500 kg Zncker nebst entsprechenden Mengen Cacha^a. Diese Erträge
bleiben aber hinter jenen Nordbrasiliens zurück.
Noch empfindlicher gegen Frost wie das Zuckerrohr sind die Kaffee-
bäume, obwohl man die Kaffeepflanzungen durch Schutzbäume ebenso gegen
zu große Hitze wie gegen Frost einigermaßen zu schützen versteht. Die
Anbaumöglichkeit ist auf die geschützten Täler beschränkt. Ballod rechnet
in Blumenau 3—4 kg Kaffeeertrag auf den Baum, d. h. kaum weniger als
in der besten Kaffeelage in S. Paulo. Vor dem großen Kaffeekrach hat
Blumenau und besonders Dona Francisco zahlreiche Kaffeebaumanlagen
gehabt. Ende 1877 wurden in Dona Francisco rund 55 000 Kaffeebäume
gezählt, die einen Wert von rund 275:000 $2) darstellen. Freilich schwankte
der Ertrag sehr nach Bodengüte und Behandlung (Neinigen der Bäume von
Unkraut). In Dona Francisca wurden nach Ballod vom Hektar (mit 1000
Bäumen) bei voller Tragfähigkeit 900 — 3000 kg geerutet. Da eine Arbeiter-
familie 3000—4000 Bäume zu behandeln vermag, diese aber gering ge-
rechnet 3—4:000 5 abwerfen, so geht deutlich hervor, daß die Kaffeebaum-
kultur, wo sie möglich ist, die lohnendste aller Kulturen bedeutet und in
Blumenau wieder mehr gepflegt werden sollte, damit künftig Blumenau,
*) Das Westarmgebiet hat häufiger Fröste.
**) Tschudi, Reisen durch Südamerika.
*) C. Ballod, Sta, Catharina.
2) 1 Real (plur. R6is) = etwa 1jb Pfennig (von diesem Nominalwert ist noch der
nm 1ll—1/3 geringere Handelswert zu unterscheiden), 1000 R^is — 1 Milreis ($).
Man rechnet gewöhnlich nach Milreis und Conto de R6is (= 1000 Milreis oder 1 Mill.
Reis). Man schreibt z. B. 275:000 $ (= 275 Contos), 26:425 $ 250 (= 26 Contos,
425 Milreis, 250 Reis).