1911 -
Hannover-List [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Marquardt, Rudolf
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Ausführung ebenso wie die Tatkraft, die erforderlich war, um in so öden,
zur Zeit des Baues noch so dünn bevölkerten, wüsten und wilden Gebieten
ein solches Werk in solcher Nollendung durchzuführen, neidlos anerkennen
und bewundern.
Schon eingangs dieses Kapitels haben wir den großartigen technischen
Leistungen der Amerikaner gebührende Worte der Anerkennung gezollt, und
wenn man die nach allen Richtungen sich kreuzenden, das ganze ungeheure
Gebiet der Vereinigten Staaten netzartig umspannenden Schienenstränge
betrachtet, muß man staunen, daß dies in so kurzer Zeit möglich wurde.
Freilich dürfen wir aber auch nicht vergessen, daß in Amerika eine lange Periode
im Verkehrswesen vollständig überschlagen, übergangen wurde, nämlich jene
jahrhundertelange Zeitepoche, in der Europa mit einem Netz von vorzüg-
liehen, in Steinschotter fundamentierten Straßen, den sogenannten Chausseen
oder chanssierten Straßen überspannt wurde, Straßen und Wege, die un-
gezählte Millionen verschlungen haben. Kaum war dieses Straßennetz zu
hoher Vollendung erstanden, erschienen die eisernen, geschienten Wege, die
die steinfundierten gebahnten Straßen als Verkehrsmittel weit übertrafen,
in deu Schatten stellten und in zweite Linie drängten. Amerika trat als
beginnendes Kulturland just zu Beginn der Eisenbahnära auf, verwendete
selbstverständlich seine Millionen und Milliarden nun nicht für Straßen-
bauten, sondern sprang sofort in die Eisenbahnverkehrsperiode ein und mußte,
um zu großem Aufschwünge kommen zu können, natürlich auf diesem Ge-
biete nun, koste es, was es wolle, große Verkehrsverbindungen mit geschienten
Wegen schaffen, weil ihnen die chanssierte Straße gänzlich mangelte. Da-
her man auch heute noch überall in Amerika, im Augenblicke, wo man den
Schienenstrang verläßt, auf dürftigste, jämmerliche Wege (wie bei Mouida)
stößt . . .
New Jorks Verkehrseinrichtuugen zwingen uns zu bedingungsloser
Anerkennung; der geschäftliche Betrieb ist einfach bewundernswert. Daß
damit nicht auch Schönheit und Anmut Hand in Hand gehen, ist natürlich,
und wer nach New Jork, ja wer überhaupt in eine der zahlreichen großen
Städte Nordamerikas kommt, der darf dort nicht Dinge suchen und er-
warten, für welche dort kein Platz und keine Zeit zum Schaffen vorhanden
waren und noch sind. Denn schön oder anmutend sind die kilometerlangen,
schnurgeradeu, sich im rechten Winkel schneidenden Straßen wahrlich ebenso-
wenig wie die roten Backsteinhäuser. Ja selbst die Palais der Millionäre
und Milliardäre sehen von außen, ohne Garten in der Häuserreihe mit
aufmarschiert, nichts weniger als fürstlich oder besonders vornehm aus; deun
von den Millionenwerten, die sich im Innern vorfinden, sieht man von
außen nichts. Und wahrlich, es macht einen entsetzlich ernüchternden Ein-
druck, wenn man so einen neuen, bis zu 25 Etagen aufweisenden, kahl-
wandigen, mit Hunderten ganz gleichen Fenstern verunzierten „Sky Scraper"
(„Wolkenkratzer") neben einerseits einer Kirche, deren Kreuz auf dem Hoch-
türm noch nicht bis zum letzten Stockwerk reicht und vom Dachsirft des
Riesenhauses erheblich überragt wird, und andererseits einem älteren, vielleicht
drei bis höchstens vier Stockwerke hohen Hause iu der Frout stehen sieht.
Wenn man sich sohin auch nicht leicht zu dem Wunsche aufzuschwingen
vermöchte, in New Jork sein Leben zu verbringen, so mnß man doch in
Anbetracht des großartigen geschäftlichen und wirtschaftlichen Lebens zu-