1911 -
Hannover-List [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Marquardt, Rudolf
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
Interesse an ihm vorübergehen können. Wir haben es nicht zu Inn mit
einem bereits durch Kultureinflüsse in seinen Lebensgewohnheiten veränderten
und ein im höchsten Grade unsympathisches Mischgepräge zur Schau tragen-
den Volksstamme, wie beispielsweise es manche Stämme in Süd- und Süd-
westafrika geworden sind, — sondern mit einem mit zäher Urwüchsigkeit an
seiuen althergebrachten Gewohnheiten hängenden vornehmen Kriegervolke.
Tage- und wochenlang habe ich inmitten der Masai in der Nähe ihrer
Kraale zugebracht und das Volk in seiner Eigenart in vieler Beziehung
schätzen gelernt. Ihre Gesänge, ihre Tänze, ihr Leben und Treiben bot
immer wieder eine Fülle von Neuem und Anziehendem.
Oft beschlich mich, ich wiederhole es, ein wehmütiges Gefühl, wenn ich
zur Abendstunde die herrlichen, aristokratischen Kriegergestalten an meinen
Lagerfeuern beobachten konnte, uralte Melodien, kriegerische Gesänge vor sich
hinsummeud. Schild und Speer stets zur Hand, hockten die bronzefarbenen
sehnigen Krieger im magischen Scheine meiner Lagerfeuer. Mehr als ein-
mal mußte ich mir sagen, was ich wohl mit meinen Leuten gegen sie hätte
ausrichten können, wenn ich mit gleichen Waffen sie hätte bekämpfen müssen'.
Und selbst inmitten kriegerischer Situationen, bedroht von den El Moran,
hat mich niemals ein Gefühl der Abneigung gegen dies Volk erfüllt.
Kämpften sie doch für ihre Ideale, so wie wir Europäer dies täglich für die
unsrigen tun, und warten sie doch, wie ich von meinem Frennde Merker
erfahren, mit Inbrunst auf den Tag, wo nach einer Prophezeiung ihres
großen Häuptlings Mbatyau ein Held, ein großer Häuptling, in ihrer Mitte
wieder entstehen würde, sie zu befreien vom Joche der Fremdherrschaft . . .
Wie sehr die Masai an ihren uraltererbteu Gewohnheiten hängen, be-
weist aufs schlagendste folgender Fall.
Ein Masaikuabe war als Diener eines Beamten mit seinem Herrn
mehrmals in Deutschland gewesen und beherrschte die deutsche Sprache und
sogar den Berliner Jargon in staunenswerter Vollkommenheit.
Als ans dem ol aijoni, dem Knaben, ein ol barnoti geworden war
und der junge Mann längst seinen Dienst verlassen hatte, fand ein Euro-
päer ihn eines Tages statt in europäischer Kleidung über und über mit
rotem Ocker beschmiert, das wieder langgetragene und gesträhnte Haar mit
dem „ol daiga"=3opt von Fett triefend, in Gesellschaft anderer Masai im
Schmuck seiner Kriegertracht. Auf die erstaunte Frage des Herrn, was das
bedeute, erwiderte der Masai im reinsten Berliner Deutsch: „Ick habe et
vorjezogeu, wieder mang meene Landslente zu leben!"
Vi. Am
(„Deutsch-Ostafrika." Wirtschaftliche Studien von Dr. Hermann Paaschs
Geh. Regierungsrat und Professor, Vizepräsideut des Deutschen Reichstages. Mit 18 Voll-
bildern in Duplex-Autotypie. 1. bis 4. Tausend. Berlin, Verlag von C. 91. Schwetschkc
und Sohn, 1896 [jefet Süd-West-Verlag, Berlin). 430 Seiten, 8 Mark, geb. 9 Mark.
S. 124—133.)
(1. Von Mohorro zum Rufiji landeinwärts.) Am frühen
Morgen, gleich nach Sonnenaufgang, hockten Dutzende von schwarzen
Trägern vor dem Gebäude des Bezirksamtes und warteten gednldig, wie
viel von ihnen man für die Reise (Safari) beanspruchen würde. Etwa
24 Träger und Boys waren notwendig, um meinen Reisegefährten und