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1. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 212

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 212 — Die Flüsse, wie die reißende Waag, die Arva, waren bis vor ganz kurzem ohne jede Spur von Regulierung, bald schmale Rinnen bildend, bald mächtig breite Ströme; ungeheure Strecken des anliegenden Landes sind vollständig versandet. Für die Schiffahrt sind diese Wasserläufe unbrauchbar; sie werden nur zum Herabflößen der Stämme benutzt, welche genau in der- selben Weise wie ans der Oder verbunden, mit demselben primitiven Steuer- balken versehen, mit großer Geschicklichkeit in dem reißenden Fahrwasser von den unseren oberschlesischen Floßleuten erstaunlich gleichen Slovaken gelenkt werden. Das Landschaftsbild in diesem ^wechselvollen Berglande, wo sich fort- während wie neue Kulissen wieder andere, oft sanft geschweifte, öfter groteske, steil und wild ansteigende, eigentümlich zerrissene, gefurchte Bergformationen vorschieben und im Hintergründe das mächtige Massiv der Zentralkarpaten wie auf hundert Terrassen sich aufbaut, muß auch den verwöhntesten Alpen- reisenden anziehen. Da treten wir urplötzlich und ungeahnt in deutsches Gebiet; an Stelle der weitgedehnten slovakischen Dörfer mit ihren niedrigen, strohgedeckten, verfallenen Hütten erheben sich vor dem erstaunten Blick die unverkennbaren Türme und Häusermassen einer echtdeutschen Kleinstadt mit ihrem ganzen anmutenden, etwas veralteten Zubehör. Wären wir noch im Zweifel, so müßten uns die überall ertönenden Laute unserer Muttersprache belehren. Wir sind im Bereich der deutschen alten Bergstädte mit ihrem noch jetzt lebhaften Handel und der neuerdings schwunghaft betriebenen Holzindustrie. Doch bald verschwindet wie eine kleine Insel dieses Stück Vaterland vor unseren Augen, wir haben die Höhe des Gebirges erreicht; mit einem Schlage sind wir in eine völlig verschiedene Vegetationszone gelangt; im Norden überall dunkle Nadelwaldungen, soweit der Blick die Hunderte von Lehnen und Kuppeln umfaßt, im Süden die eigentlich ungarischen unabsehbaren Laubwaldungen. Hier steigen wir in das Land der Magyaren hinab, und damit sind wir in einer ganz neuen, fremdartigen Völkerwelt. Es ist das die Heimat des finnischen oder finnisch-türkischen Volkes, welches vor genau 1000 Jahren aus dem östlichen Europa mit seinen Reiterscharen unaufhaltsam vordrang, die Theiß- und Donauuiederung als herrenloses Land in kom- pakter Masse besetzte und seitdem als Gebieter das ganze ungarische Land beherrscht. Um ein volles Jahrtausend glauben wir uns zurückversetzt, wenn wir noch heut diese Hirten in der alten magyarischen Tracht, bedürfnislos, mit denselben Sitten, Lebensgewohnheiten wie die alten Magyaren zur Zeit des Einbruchs in Europa wiederfinden, wie sie die unermeßlichen Rinder- und Pferdeherden weiden und den größten Teil ihres einförmigen Lebens in der offenen Pußta verbringen. (2. Magyarische Städte.) Auch die echtmagyarischen Städte sind völlig verschieden von allen unseren westeuropäischen Städten. Von Budapest und einigen oberungarischen Städten ist hier nicht die Rede. Budapest ist eine europäische Großstadt, aber auch nichts weniger als ein Produkt des unverfälschten magyarischen Lebens. Die wirklich magyarische Stadt, und sei es selbst eine so große wie Debreczen, Kecskem6t oder Szeged, ist und bleibt zum größten Teile reines Steppendorf. Der moderner, westeuropäischer gestaltete innere Teil einer solchen Stadt weist allerdings in der neueren Zeit europäischen Komfort, moderne Einrichtungen wie Wasserleitung, Gas-
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