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1. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 298

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
298 — säubern Häuser freut, die der und jener Uhrmacher, aus der Fremde heim- gekehrt, sich erbaute, um in behaglichem Wohlstande, den er draußen in der Welt erworben, aber in der Väter einfacher Weise seine alten Tage zu der- leben und Heimatluft zu atmen bis an sein Ende, gleich jenen Engadiner Zuckerbäckern süßeu Angedenkens, die in ihrem freien Hochtal so gern er- zählen von den Herrlichkeiten der europäischen Hauptstädte. Und hat man sich in einem jener behaglichen hinterwäldlerischen Wirtshäuser mit ihren großen Stuben und ihrer weiten Fernsicht ans die warme Ofenbank gelegt und läßt sich von einem alten Uhrmacher erzählen, wie es ihm in Moskau, Loudou oder New Jork ergangen, oder lieft er, zutraulich und gesprächig geworden, die neueste englische Zeitung oder den Brief eines Sohnes im fernen Westen vor, da erfüllt es mit hoher Befriedigung, Zeuge davou zu sein, wie durch die aus so unscheinbaren Anfängen hervorgegangene, durch die Not sozusagen erst aufgedrängte Industrie dem herrlichen Heimatsgebirge eine Fülle von Wohlstand, Knltnrfortschritt und Intelligenz zuteil geworden ist. Über Ursprung, Entwickeluug und derzeitigen Stand der Schwarzwald- industrie mag hier kurz erwähnt sein, daß 1683 die ersten Glashütten ent- standen, und daß durch sogenannte „Glasträger" (Hausierer) kurz darauf die erste Holzuhr ihren Weg iu den Schwarzwald fand. Die ersten Nach- ahmungen derselben durch Lorenz Frey aus dem Spirzental bei St. Märgen und andere hatten keine weitern Folgen. Erst 1725 blühte die Uhrmacherkunst richtig auf, und als ihre eigentlichen Väter können Simon Dilger von Schollach und Franz Ketterer von Schönwald angesehen werden. 1740 gab es 31 selbständige Uhrmacher. Schon war das Schlagwerk, schon die erste Kuckucksuhr ersuudeu, bald wurden auch Figuren geschnitzt als Zierat, und so entwickelte sich die feinere Holzschneidekunst im Gefolge der Uhr- macherei. 1750 fingen Metallwerke die primitiven Holzwerke zu verdrängen an, 1780 gab es Uhren mit Peudel. Allmählich hatte eine wesentliche Arbeitsteilung Platz gegriffen zwischen Gestellmacherei, Zifferblattmalerei, Gießerei usw., zwischen Uhrmachern, Packern oder Händlern und Hausierern. So ging es mit Krisen und Rückschlägen langsam weiter; 1847 entstand der Gewerbeverein für den nhrenmachenden Schwarzwald in Schönenbach, 1850 die Uhrmacherschule in Furtwangen, 1851 die Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation in Lenzkirch, dem südlichsten Punkt der Uhrenindustrie überhaupt. Seit 1856 kameu die Federregulatoren auf, dann die Weckuhren, von denen jetzt jährlich über 2 Millionen Stück ihren Weg um die Erde vom Schwarzwald aus antreten. 1873 waren die Uhrmacher über 92 Orte und Weiler verbreitet, mau zählte 1429 Fabrikanten und Meister, 7526 Gehilfen. Furtwangen, das der Mittelpunkt der ganzen Industrie geworden, zählte 1879 allein 7 7 Meister. Seit den 60er Jahren kamen zur Erleichterung der Hausindustrie die Bestandteilsabriken aus; eine solche in Triberg liefert jährlich die Bestand- teile für 600 000 Uhreu jeglicher Art. Neben der sehr emporgekommenen Großindustrie hat sich die häusliche doch lebenskräftig erhalten; man kann bei ihr die eigentlichen Uhrmacher unterscheiden, die wie seit alters her die Uhr in der Familie von Anfang zu Ende fertig stellen; dann die Hilss- gewerbler, nämlich Gestellmacher, Gießer, Tonfedermacher, Zeigermacher, Schilddreher, Schildmaler, Emailleure, Lithographen, Galvaniseure, Kasten- schreiner, Holzschnitzer, Dreher, Werkzeugmacher; endlich die Bestandteil-
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