1911 -
Hannover-List [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Marquardt, Rudolf
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
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zu machen. Die Zahl der Sommergäste beträgt jetzt alljährlich, ungerechnet
die Passanten, gegen 10000.
(4. Wildbad.) Kommen wir vom obern Enztal herabgewandert, so
gewährt uns am Fluß die neue, in der Höhe die alte Enztalstraße sofort
beim Eintritt einen überaus lieblichen Blick über die Bäderstadt. Prächtige
Villen grüßen aus dem schattigen Grün wohlgepslegter Parkanlagen her-
nieder; die an den Berg gelehnte, in gotischem Stil erbaute katholische Kirche
ist ein recht stattliches Gotteshaus; näher dem Fluß liegt die englische
Kapelle im lauschigen Dunkel der Anlagen; dnrch diese gelangen wir zu den
Kaufbuden und zur geräumigen, aber überaus zierlich in Eisenkonstruktion
aufgeführten Trinkhalle, dann zu dem in hervorragendem Maße sehens-
werten Prachtbau des „König-Karlsbades" mit Einrichtungen, die jenen des
Friedrichsbades in Baden wohl kaum in etwas Wesentlichem nachstehen dürften.
Von hier führt die König-Karlsstraße am linken Flußufer zum Bahn-
Hof, während am rechten, das über mehrere Brücken erreicht wird, der größere,
von der Hauptstraße durchzogene Teil der Stadt liegt, in dem wir zunächst
zum Kurplatz mit seinen stattlichen Gebänlichkeiten gelangen. Hier stoßen
wir auf das Katharinenstift, in welchem die Bäder für Minderbemittelte
untergebracht sind, was man dem vornehmen Gebäude kaum ausehen würde;
dann folgt das kleine und das große Badegebände, endlich das königliche
Badhotel und Konverfationshans, daneben die protestantische Stadtkirche, von
welcher sich dann die Hauptstraße zu dem am untern, nördlichen Ende der
Stadt gelegenen Bahnhof zieht.
Die waldreiche nähere und weitere Umgebung von Wildbad bietet eine
fast überreiche Auswahl lohnender kleinerer und größerer Ausflüge im Tal
und zu seinen beiden Seiten. Abgesehen von den Anlagen oberhalb des
Kurplatzes und gegenüber desselben über dem König-Karlsbad empfehlen sich
nach Westen die Wege im Sommerbergwald zum Löwenbrückle, zum großen
und kleinen Wendenstein, dann vom Bahnhof anf den Wildbader Kopf und
weiter über den Eselskopf hinab in das vom Hohloh herabkommende Eyach-
tal, das bei der Eyachmühle erreicht wird. Von hier führt eine Straße
talabwärts znr Bahnstation Rotenbach; auf andern Wegen, meist dnrch Herr-
lichen .Wald, ist die Teufelsmühle oder Dobel und Herrenalb zu erreichen.
Östlich von Wildbad erhebt sich etwa 300 Meter über der Enz, deren
Tal von dem nahen Paralleltal der einsamen kleinen Enz trennend, der
lange ungegliederte Rücken der Meisternebene, über welche, am Riesenstein
vorbei, der Weg führt, welcher uns jeufeits der kleinen Enz über welt-
abgeschiedene Höhen weiter nach Teinach und zur Nagold gelangen läßt.
In dieser Richtung floh einst der alte Rauschebart, als er von den „Schleg-
lern" während seiner Badekur überfallen wurde.
Die meilenweit ausgedehnten Tannenforste auf den sanftgeformten
Buntsandsteinhochflächen, welche nur von den freundlichen Wiesengründen
der Flnßtäler unterbrochen werden, sind hier im östlichen Schwarzwald ganz
typisch, und wer für die Poesie der Waldeinsamkeit Sinn hat, dem wird die
Umgebung von Wildbad besonders sympathisch sein, da sie auch durch den
Gegensatz erfrischend wirkt, welcher zwischen dem lebhaften, glänzenden Bade-
ort und seiner großartig schweigenden Umgebung besteht.
Die Eisenbahn führt uns von Wildbad im Enztal abwärts und zeugt
durch die zahlreichen großen Sägewerke und die ausgedehnten Holzverlade-