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1. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 303

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
303 — St. Wilhelm gerichtet, von dem entzückenden Gewirr des Schifflentstadens erhält — hier spielen das belebende Element die leuchtenden Wüschestücke, die die Waschfrauen unten in der Jll in ihren so straßburgerischen schwimmenden Waschbaracken aufhängen. Ihre volle Wirksamkeit, ihren intimsten Reiz aber verdanken diese Häuser einem Motiv, das wir vom französischen Bürgerhaus her kennen, den hölzernen Läden. Sobald man seine Aufmerksamkeit auf diesen Punkt gerichtet hat, wird man staunen, wie er den allgemeinen Eindruck einer Stadt beeinflußt, wieviel Freundlichkeit und Anmut er z. B. den nord- deutschen Städten entzieht, und wie er den Unterschied zwischen Berlin und Paris zu verdeutlichen vermag. Durch ihn werden anch in Straßburg die ganz anders gebauten Wohnhäuser aus der letzten französischen Zeit mit jener älteren verwandtschaftlich verbunden. Wer frühmorgens Straßburg verläßt, nimmt auf dem Weg vom Inneren nach dem Bahnhof einen letzten starken Eindruck von dieser Stadt mit: Hier schlafen die Häuser, die weiß und verträumt daliegen, wirklich: denn sie haben ihre Fenster verschlossen, und sie werden erst dann erwachen, wenn ein junger Arm jene aufstoßen wird. (2. In den Hochvogesen.) Die Kammwanderuug ist eine der größten Besonderheiten, die das Elsaß zu bieten hat. Denn es ist nun einmal ein eigenartiges Gefühl, auf der Grenze zwischen deutsch und französisch zu stehen, und woran wir seit unserem Aufenthalt im Elsaß so oft erinnert worden sind, das Land jenseits der Vogesen liegt nun sichtbar vor uns. Ein Schritt, und ich bin auf französischem Boden, ein paar Minuten, und ich wandere schon talabwärts, hinab zu deu Menscheu, die von anderer Art und Rasse sind, und die ich vielleicht lieben gelernt habe, wenn ich nicht zu den Toren gehören mag, die Feindschaft zwischen ihnen und uns predigen. Und wie weit liegt dies Welschland, von dem die elsässischen Bauern sprechen, vor den spähenden Blicken offen; die ganze lothringische Hochebene, das Tal der Menrthe mit Saint-Die und Lnneville, das der Vologue mit dem schönen Gerardmer und den beiden großen Seen, das der Mosel mit Epiual werden sichtbar, und dieselben weißen Straßen, die im Reichsland begannen, streuen nun ihre krausen Bänder über ein französisches Departement. Mit guten Augen, bei klarem Wetter und au den geeigneten Ausblicken findet ein Glücklicher vielleicht sogar jedes der zwölf Bistümer, die fchou im 16. Jahrhundert Speklin hier sah, im Lothringischen, im Jura, in der Schweiz und im Rheintal. Allmählich aber fangen wir wieder an, unserer nächsten Umgebung Aufmerksamkeit zu schenken; denn wir nähern uns dem Gebiet des berühmtesten Hochvogesentales, dem oberen Müustertal. Die Fahrstraße, die uns zur Linken begleitet, ist die Sulzeruer, die Münster mit Urbeis ver- bindet, und wenn wir wieder einen See unter uns liegen sehen, sind wir anch schon auf der Höhe von Sulzern, vor dem die große Straße von Münster nach der Schlucht das Kleintal verläßt und zum Kamm abbiegt. Vielleicht erhält man von Münster den stärksten Eindruck, wenn man es ohne Übergang von der Ebene aus aufsucht. Man steigt gegen Abend in Colmar in die Bahn, die, unaufhörlich läutend, ins Fechttal führt — wenn man in Münster aussteigt, ist es Nacht. Sofort merkt man, daß man mitten in den Bergen ist; eine außerordentlich kühle Luft weht von
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