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1. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 308

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 308 — schienen, und wenn man nach Umständen 6000 Gulden für ein Stück 1852er Deidesheimer Auslese zahlt, so ist selbst die alte Nebenbuhlerschaft zwischen Pfalz und Rheingau wiederhergestellt. Vielleicht briugens die Pfälzer auch uoch so weit wie die Schwaben, die in guten Jahrgängen Trauben von solchem Gehalt erzielen, daß, wenn der Bürgermeister nur eiue Beere am Mund zerdrückt, die ganze Gemeinde davon einen Rausch bekommt. (3. Das gebirgige Westrich.) Es ist nicht ein Übergangsgebiet, sondern eine scharfe Linie, welche den Ostrand des Westrich von der Vorderpfalz scheidet. Ganz anderes Land, andere Leute kommen hinter dem Vorwall der Hart. Es gibt keinen bestimmteren Gegensatz zu absolutem Weinland als absolutes Waldlaud, und beides steht hier unvermittelt nebeneinander. In manchen der fruchtreichsten Striche der Vorderpfalz ist schon lange vor der französischen Revolution bitter geklagt worden über die Entlegenheit der Waldungen, die schwierige Holzzufuhr und wahreu Holzmangel. In vielen Waldgegenden des Gebirges dagegen mag man um- gekehrt klagen über den Mangel an ausgiebigem Ackerboden bei Waldüber- fluß. Doch begann schon im vorigen Jahrhundert die Ausführung der Hochstämme als Floßholz zum holländischen Schiffbau diesem Überfluß teilweise ein Ende zu machen. Am Rheinufer finden wir reine Fischerdörfer, wie etwa Altripp, fast ans eiuer Jufel gelegen, mit einer kleinen Gemarkung, die überwiegend ans Wiese und Wald besteht, ein Dorf, deffen Bevölkerung gar keine andere Wahl hat, als dem väterlichen Gewerbe der Schiffahrt und der Fischerei treu zu bleiben. Das Fischerdorf Roxheim hat sogar eine „Fischkirchweih." Vor der Hart stießen wir auf ebenso notwendige reine Weiudörfer. Hier im gebirgigen Westrich haben wir etliche reine und ursprüngliche Holzhauer- dörfer. So Dansenberg bei Kaiserslautern, welches erst in ziemlich neuer Zeit von Holzhauern an einer lichten Stelle mitten im alten Reichswald erbaut worden ist. Denselben Ursprung schreibt man der Gemeinde Linden- berg hinter Neustadt zu. Das Emblem im Ortssiegel von Dansenberg — ein Baum, darauf ein Vogel fliegt — wird auf die Vogeljagd gedeutet, der weiland die Dansenberger Holzhauer in ihren Mnßestnnden nnter den Fenstern ihrer Häuser obgelegen haben. Man sieht, im gebirgigen Westrich atmet alles Waldesluft. (4. Regsamkeit und Fleiß der Pfälzer.) Die Pfälzer gehören zu den fleißigsten Landwirten Europas; eiu gesegneter Boden begünstigt diesen Fleiß. Doch genügt dies nicht, die glänzenden Resultate der pfälzischen Wirtschaft zu erklären. Es kommt noch die fränkische glückliche Hand dazu, die Beweglichkeit, der Fortschrittstrieb, der Rationalismus des Frauken. Der schwäbische Bauer ist nicht so hitzig, dagegen vielleicht noch zäher in seinem Fleiße wie der Pfälzer; aber er ist nicht so flink, nicht so gewürfelt, er hat jenen schlagfertigen fränkischen Mutterwitz nicht, für welchen der Pfälzer ein ganz eigenes Wort besitzt: er ist nicht so „schlitz- öhrig". Andere sprechen „schlitzhärig" und meinen, es bedeute einen Haar- spalter. Das trifft aber den Sinn nicht, und der grübelnde Schwabe wäre viel mehr eiu Haarspalter als der Pfälzer. Wer fo praktisch pfiffig ist, wie einer, dem der Büttel schon einmal die Ohren geschlitzt hat, ist schlitzöhrig, ein „durchtriebener" Schlaukopf. Kraft dieser angestammten Lebensklngheit hat sich der Franke in der Pfalz, am Mittelrhein und Unter-
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