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1. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 352

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 352 — Sturm aus Westen geweht, der ungeheure Wassermassen durch den Kanal gepeitscht hatte, brach sie über die armen Marschen herein und richtete wieder unbeschreibliches Unglück an. Nicht eine Gegend blieb verschont; namentlich litten die Oldenburger Marschen, und fast in allen Kirchen hängen dort heute noch Gedächtnistafeln, die aus ihren Kirchspielen manch' grausige Geschichte erzählen. Genau weiß man, daß diese Flut hier 2471 Menschen und über 4000 Stück Vieh fortspülte, in Ostfriesland die fast gleiche Zahl und auf der ganzen Nordseeküste über 15 000 Menschen. Auch uach dieser Flut lag Osterstade wieder zwei Jahre offen; weit und breit waren die Deiche zerstört, und die Lasten auf deu Ländereien wurden so unerträglich, daß mancher Grundeigentümer, welcher die Kosten des Deichens nicht er- schwingen konnte, nach altem Brauch iu seine schönsten Ländereien den Spaten steckle. Wer ihn herauszog, übernahm die Deichlasten und ward Besitzer des Landes. Mutige Arbeiter haben manchen Spaten gezogen und dadurch für bessere Zeiten einen Reichtnm gegründet, dessen sich jetzt viele Familien in den Marschen zu erfreuen haben. Das war die letzte große Flut des vorigeu Jahrhunderts, welche über das Friesengebiet hinbrauste. Einzelne Marschen dagegen litten noch öfter. In das arme Nordfriesland brach in jedem der drei folgenden Jahre das Meer ein und endlich noch zweimal in den fünfziger Jahren. Dann erst trat Ruhe ein, die nun fortdauerte bis in unser Jahrhundert. (3. Wassernot und Verkehrsschwierigkeit iu der Marsch.) Ein großer Übelstand in den meisten Marschen ist der Mangel an gutem Trinkwasser. Die Brunnen müssen oft 60—70 Fuß tief durch alle Erd- schichten geführt werden, bis man auf das Saudlager stößt. Hier erst findet sich einigermaßen gutes Wasser, das demuugeachtet sehr selten klar und reinschmeckend ist. Und dennoch können die Bewohner der Gegenden, wo Brunnen möglich sind, sich glücklich preisen. In den nördlichen Marschen, wie im Jeverland, Ostsriesland, Butjadingen und im Lande Wursten, findet man in einigen Strichen oft weit und breit keinen einzigen. In diesen Gegenden ist der Boden so reich an Salzteilen, anderen Orts wieder an Schwefelwasserstoff- gas, das sich vorzüglich in der Dargschicht^) findet, daß alle Versuche, Trinkwasser aus ihm zu erhalten, gänzlich scheiterten. Es war stets trübe, übelriechend, ungesund und vom abscheulichsten Geschmacke, Wo die Geest nahe ist, führt diese uoch einiges Wasser herbei, sonst ist man einzig und allein auf Regenwaffer angewiesen, das man in Gräben und Cisternen auffängt. Und selbst dieses kaun man nicht immer vor den Einwirkungen des Bodens bewahren. Kommt nicht oft frischer Zufluß, so stagniert es bald, überzieht sich mit einer dicken, farbenschillernden Haut und kann nun vor üblem Geruch und Geschmack kaum hinuntergewürgt werden. Viele Häuser besitzen daher einen Filtrier-Apparat, in welchem das Wasser sich reinigt, indem es dnrch mehrere Schichten von Kiessand, zerstoßenen Muschelschalen und Holz- kohlen sickert. Dieser leistet durchgängig treffliche Dienste. Im Winter, wenn ein strenger Frost das Wasser in den Gräben und Cisternen gefrieren i) Der Darg bildet die unterste Schicht des Marschlandes' er kommt nur stellen- weise vor und besteht aus einer dunkelbraunen Schicht von Blättern, Halmen und Wur- zeln des gemeinen Rohrs, welche verwoben, vertorst und zusammengepreßt sind.
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