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1. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 389

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 389 — (3. Bürgerhäuser.) Die Danziger Häuser, die ohne jeden Erker und Auslug steif und aufrecht nebeneinander stehen gleich würdigen Senatoren, sie besitzen in den „Beischlägen" einen Ausdruck freundlicher Zugänglich- feit, eine liebenswürdige Vermittlung zwischen dem Innern des Hauses und der Außenwelt. Der Beischlag war allerdings zunächst nicht aus repräsentativen Rücksichten zu einer Terrasse ausgebildet worden, sondern aus dem einfachen Bedürfnis, in der engen Stadt am geschlossenen Hause einen Platz sein eigen zu nennen, der an schönen Tagen Veranda und Garten einigermaßen ersetzen könne. Die schlanken Häuser strecken ihn wie einen Fuß vor, gleich- sam um sich von einem breiteren Sockel zu erheben. Da, wo man ihn heute beseitigt hat, weil er angeblich den modernen Verkehr hindere, der doch zum großen Teil nur in der Phantasie eifriger Lokalpatrioten besteht, hat man zugleich die Proportionen des Erdgeschosses, die er bedingte, und die gesamte Fassade geschädigt. Einzelne ähnliche Vorplätze gibt es in anderen Städten gleicher Zone auch, von Königsberg bis Holland; aber so ansge- bildet und ein so notwendiger Bestandteil des Wohnhauses wie in Danzig war der Beischlag nirgends. Seit dem 16. Jahrhundert wurde die den Vorplatz gegen die Straße begrenzende Mauer aus Füllungen mit figür- lichen und ornamentalen Reliefs zusammengesetzt. Der Geschlossenheit des Platzes zuliebe vermeidet man starke Durchbrechungen. Eine Balustrade findet sich nirgends. Als Treppengeländer erschien neben den Eisenstangen, die von Steinpfosten oder den späterhin häufiger werdenden großen Granit- kugeln am Treppenansatz hinaufführten, verschlungenes Schmiedewerk, oft in Verbindung mit Messing. Feuerpfannen, am Eingang zur Terrasse, dienten der Beleuchtung. Das vom Dach über die Seitenmauern geleitete Wasser ergoß sich aus Delphin- und Drachenköpfen über die vordere Brüstung. Ix. Wanderung von Frauendnrg nach Glding. („Aus Baltischen Landen." Studien und Bilder von Louis Passarge. Glogan, Verlag von Carl Flemming, 1878. 551 Seiten, 7 Mark, S. 77—79, 83—85, 89—93.) (1. Der Dom zu Frauenburg.) Der folgende Morgen wurde vor- zugsweise der Besichtigung des Domes gewidmet. Er steht auf einem etwa achtzig Fuß hohen Berge, einer alten Meeresdüne, und bildet mit seinen Umfassungsmauern und Türmen ein befestigtes Kloster nach Art der Marien- bürg. Als der Deutsche Orden Preußen eroberte und seine Burgen mitten in einer feindlichen Bevölkerung errichtete, da war Sicherung das Haupt- augenmerk der Erbauer. Daher zeigen die erhaltenen Burgen gewaltige Mauern, mächtige Türme und feste Außenwerke. Selbst die darin befind- lichen Schloß- und Kirchenbauten erinnern mit ihren Zinnen und Wand- flächen mehr an eine Festung denn an Wohn- und dem Gottesdienst ge- weihte Räume, und nach dem Bilde diefer Ordensbauten wurden später selbst die reiuen Kirchenbauten errichtet. Es liegt etwas Wunderliches in den aus Granitblöcken erbauten Dorfkirchen des alten Preußenlandes. Roh aneinandergefügt treten diese Steine aus der unebenen Mauer heraus, und die schmalen Fenster erinnern mehr an Schießscharten als an Lichtöffnungen. Die großen Dome von Marienwerder und Frauenburg sind zwar nicht aus Feldsteinen erbaut, ihre Anlage offenbart aber nicht weniger den kriegerischen
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