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1. Quellenlesebuch für den Unterricht in der Länder- und Völkerkunde - S. 405

1911 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 405 — in den Großvaterstuhl an der Feuerwand, um die Diele und das flett zu- gleich überblicken zu können. Über unserem Haupte ragt aus der füerwand ein beinahe gespenstisches Gebilde heraus, ein Holzgerüst, das mit den emporgebogenen, in Gestalt von Pferdeköpfen ausgeschnittenen Enden fast an die hochgehörnten Schiffe der alten Wikinger gemahnt; es ist der remen, der den Funkenflug vom Dachboden herabdrücken soll, dem Kesselhaken als Träger dient und zugleich als Trocken- und Wärmeplatz für naßgewordene Sachen. Geradeaus blicken wir in die hohe Dielenhalle, auf deren Fuß- boden herniederflatternde Tauben die letzten Körnchen aufpicken. Links und rechts geht die Wohndiele an die Außenwand durch, beiderseits überspannt von einem ganz gewaltigen Balken, alles schwarz geräuchert; dort stehen anch die uralten, braunen Truhen. Im prächtigsten Gegensatz zu dieser dunklen Halle steht das volle Sonnenlicht, das durch die meist bleigefaßten Fenster und die offene kleine Seitentür hereinflutet. Und wir sitzen am offenen Herd beim Kesselhaken, nach dem früher die Grenze der Dorfschaften bestimmt wurde (von einem Kesselhaken zum andern), bei dem geschworen wurde, und um den der Bräutigam seine junge Gattin herumführte zum Zeichen, daß sie teilhabe an seinem Besitz. Das Ganze mutet uns an wie ein Bild aus deutscher Vorzeit. Die den Menschen hier beschleichende Stimmung hat ihren Dichter, die herrliche Farbenwirkung ihren Maler bereits gefunden. Der Eindruck ist unauslöschlich. Ii. Die wichtigsten deutschen Dorfstedelungen. („Deutsche Volkskunde." Vou Elard Hugo Meyer. Mit siebzehn Abbil- dungen und einer Karte, Straßburg, Verlag von Karl I. Trübner, 1898. 362 Seiten, 6 Mark, geb. 6,50 Mark. S. 2—4, 41—48.) (1.) Das Haufendorf oder Sippendorf wurde zuerst in Urdeutsch- land gegründet, das von der Nordsee und der dänischen Grenze sich zwischen der Schweutiue, der Unterelbe, der Saale und dem Thüringer Wald einer- seits und der Unterweser, dem Osning, dem Rothaargebirge und dem Taunus andererseits bis gegen den Main hin erstreckte und etwa im vierten Jahr- hundert v. Chr. von den Sneven, Chatten und Hermunduren und später zum größten Teil von den Sachsen besetzt wurde. Die heutigen Länder Schleswig-Holstein, Osthannover, Braunschweig, Hessen und Thüringen bildeten Deutschlands ältesten Kern. Beim Vordringen jener Stämme gegen Süd und West wurde das Haufendorf über den größten Teil Mittel- und Oberdeutschlands verbreitet. Wir finden es bei den Franken am Main und in der Pfalz, bei den Schwaben-Alamannen am Neckar und Oberrhein bis zum Lech, bei den Bayern vom Lech bis zur Isar und bis ins Tiroler Jnntal hinein. Das Haufendorf ist eine lockere Gruppe planlos gelegter Hofstätten von mäßiger Anzahl, wie das Wort Dorf, mit dem das lateinische turba Schar, Haufe urverwandt ist, ursprünglich nur eine bloße Menge bedeutet. Jedes Haus hat seine eigene Richtung und liegt für sich, ist zwar den anderen Häusern benachbart, berührt sie aber nicht und schließt sich-vollends nicht mit diesen zu einer Reihe zusammen. So ist denn auch das Wegeuetz des Dorfes regellos, krumm und winkelig. Im Mittelalter umgab ein Etter, Dorfzaun oder Hagen, im Westen auch wohl eine Mauer das Dorf mit seinen Höfen und Gärten.
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