1911 -
Hannover-List [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Marquardt, Rudolf
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Man erkennt daraus anch, daß die 35 Kaliber langen 8,8 cm der
Braunschweig bedeutend leistungsfähiger als die nur 30 Kaliber langen
8,8 cm der Wittelsbach sind. Außerdem ist sehr zu beachten, daß sich die
Durchschlagskraft der 28 ow-Kanone zu der der 24 om-Kanone ungefähr
wie 83 zu 70 verhält, also etwa ein Achtel größer ist. Diese Zahlen gelten
für kurze Abstände; für große Schußweiten ist die Wirkung des schwerern
Geschosses noch günstiger, weil es durch deu Luftwiderstand weniger an
Geschwindigkeit verliert als das leichtere Geschoß. Indessen hat doch die
24 cm-Kanone manche Vorteile; das beweist am besten der Umstand, daß
die österreichischen Linienschiffe, die später als Braunschweig gebaut worden
sind, noch mit diesem Kaliber als schwere Artillerie bewaffnet sind. Und
die vorzüglichen neuesten österreichischen Linienschiffe (von 14 500 Tonnen)
erhalten neben vier 30,5 om-Kanonen sogar acht 24 ein-Schnellader als
Mittelartillerie.
Die Torpedobewaffnung der Braunschweig besteht aus sechs Unterwasser-
röhren, davon je eins im Bug und Heck, je zwei in jeder Breitseite. Die
Gefechtsmasten find nur kurz; über ihnen erheben sich lange Signalmasten,
deren Stängen auch die Antennen der Funkentelegraphie tragen. Für den
Schutz der Kommandoelemente, der Sprachrohre, Fernfprechleitungen,
Maschinen- und Geschütztelegraphen usw. sind fehr zweckmäßige Einrich-
tungen getroffen. Das Schiff kann von den verschiedensten Stellen aus
gesteuert werden; der Hauptsteuerraum mit dem Dampfsteuer steht unter
dem Panzerdeck. Die Besatzung zählt 691 Köpfe.
Die Maschinen der Braunschweigklasse sind drei stehende dreifache
Expansionsmaschinen, die drei Schrauben in ähnlicher Anordnung wie die
Schiffe der Kaiserklasse treiben. Den Dampf liefern sechs Zylinderkessel
und acht Wasserrohrkessel des Systems Schulz. Der Kohlenvorrat beträgt
für gewöhnlich 700 Tonnen; für weite Reisen kann der Vorrat aber auf
1650 Tonnen erhöht werden, so daß dann die zurücklegbare Dampfstrecke
5500 Seemeilen beträgt, mithin für die Fahrt von Wilhelmshaven nach
Rio de Janeiro ausreicht. Die Leistungen der Maschinen weichen je nach
der Bauwerft voneinander ab. Braunfchweig erreichte bei der Probefahrt
18.6 Seemeilen Geschwindigkeit mit 17 312 Pferdestärken, Elsaß leistete
18.7 Seemeilen mit nur 16 812 Pferdestärken; Preußen erzielte 18,7 See-
meilen Geschwindigkeit mit 18 374 Pferdestärken, Hessen 18,3 Seemeilen mit
nur 16486 Pferdestärken und Lothringen etwa 18,5 Seemeilen mit 17 511
Pferdestärken. Sämtliche Schiffe der Braunschweigklasfe gehörten 1908 zur
Hochseeflotte und machten die Seereise nach den Azoren mit bestem Erfolg
mit. Preußen ist als Flaggschiff eingerichtet.
(3. Aufklärungskreuzer.) Bisher wurde immer nur von den wich-
tigsten Schiffen, den Schlachtschiffen, gesprochen. Diese Schiffe bilden den
Kern der Angriffs flotte, können aber nicht allein den Seekrieg führen.
Warum nicht? Nun, jeder weiß wohl, daß man nicht eine Batterie
Belagerungsartillerie auf Vorposten ausstellt; wenn man die großen schweren
Panzerschiffe zum Sicherheitsdienst der Flotte verwenden wollte, würde man
zu Wasser denselben groben Unfug begehen. Für den Sicherheitsdienst und
den Aufklärungsdienst sind leichte Schiffe nötig, die die Stärke und die
Absichten der feindlichen Angriffsflotte erkunden sollen; diese Schiffe, die
also für den Seekrieg so nötig sind wie die Reiterei für das Feldheer, sind