1905 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Durch die angeführten Gründe ist die Kugelgestalt der Erde bewiesen.
Aber eine vollkommen regelmäßige Kugel ist die Erde uicht. Bei eiuer voll-
kommenen Kugel liegen alle Teile der Oberfläche in ganz gleicher Entfernung
vom Mittelpunkte. Das trifft bei der Erde nicht zu. Man hat vielmehr die
Entdeckung gemacht, daß sie an zwei entgegengesetzten Seiten, den beiden Polen,
etwas abgeplattet ist. Sie gleicht also in ihrer Gestalt einer Apfelsine. Doch
ist die Abplattung nur unbedeutend. Sie beträgt nur etwa den 300. Teil des
Erddurchmessers. Die Kugelgestalt der Erde wird serner durch die Unebenheiten
ihrer Oberfläche beeinträchtigt. Allein im Vergleich zu der gewaltigen Masse
des Erdballs sind selbst die höchsten Gebirge nur sehr unbedeutende Boden-
anschwellnngen. Sie sind verhältnismäßig nicht einmal so groß wie ein Sand-
körnchen, das sich auf eiuer Kegelkugel befindet.
o. Einwendungen dagegen.
Als zuerst die Kugelgestalt der Erde behauptet wurde, da erhob man allerlei
Einwendungen dagegen. So waren viele Leute der Anficht, wenn man um die
Erde herumreise, so müsse man endlich in Gegenden gelangen, wo der Kopf nach
unten gerichtet sei und man unfehlbar in die bodenlose Tiefe hinabstürzen werde.
Nun ist es allerdings richtig, daß die Leute, die auf der uns entgegengesetzten
Seite der Erde wohnen, ihre Füße den unfern gerade entgegen gerichtet haben.
Wir nennen sie darum auch wohl uusre Antipoden, d. h. Gegenfüßler. Aber
auch diese Leute haben den Kopf nach oben, die Füße nach unten gekehrt; über
sich haben sie den Himmel und unter sich die Erde, gauz wie wir. Wo wir
uns auch befinden mögen, es gibt kein Unten als die Erde, die stets zu uuseru
Füßen, und kein Oben als den Himmel, der stets über unserm Haupte ist.
Kein Geschöpf, kein Gegenstand auf dem Erdball kauu in die Gefahr kommen,
von ihm herabzufallen, weil die Erde alles anzieht und festhält, was sich aus ihr
befindet. Diese Anziehung ist überall auf den Mittelpunkt der Erde hin gerichtet.
Wenn demnach nnfre Antipoden ihre Füße auch den unfern entgegengerichtet
haben, fo haben sie sie doch nach unten gekehrt, weil sie sie dem Mittelpunkte
der Erde zugekehrt haben.
Anmerkung. Die meisten Beweise für die Kugelgestalt der Erde stammen bereits
aus dem klassischen Altertum. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts tauchten Ver-
mutungen auf, daß die Vorstellung von der Kugelform der Erde der Wirklichkeit doch
uicht ganz entspreche. Durch Newton wurde nämlich darauf hingewiesen, daß infolge
der Umdrehung der Erde am Äquator eine Anschwellung, an den Polen dagegen eine
Abplattung eingetreten sein müsse. Die wahre Gestalt der Erde sei also die eines
Rotatious-Sphäroides oder Ellipsoides. Durch genaue Gradmessungen und
Pendelbeobachtungen wurde die Richtigkeit dieser Vermutungen erwiesen. Neuerdings nun
hat man gefunden, daß noch andere Abweichungen vorkommen, daß insbesondere die
Meeresfläche inmitten der Ozeane ein tieferes Niveau hat als an den Festlandsküsten.
Man bezeichnet deshalb heute die wahre Erdgestalt als Geoid. „Wir haben uns die
Geoidsläche als eine solche allseitig gekrümmte zu denken, die sich aus stetig ineinander