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1. Die Alpen und Süddeutschland - S. 44

1905 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 44 — mit abwechselnder Gewalt die Region beherrschen, die ganze Natnr in unendlichen Aufruhr versetzen, Bäume brechen und in die Tiefe schleudern, Felsstücke los- reißen, die Waldbäche auffüllen, Hänser und Ställe abdecken, ein Schrecken des Landes. In den Talteilen, die der südlichen Bergmauer zunächst liegen, wütet er gewöhnlich am heftigsten; denn dort brechen die warmen Lnstslnten am regel- losesten und gewaltigsten herein." Mit furchtbarer Gewalt zeigt er sich auch auf dem Vierwaldstätter See. Das Gewässer wird bis in seine Tiesen aufgeregt. Durch einzelne Windstöße wird das Wasser zu weithin sichtbaren Staubsäulen ausgepeitscht. In langen Reihen ziehen die schaumgekröuteu Wogen gegen die Felsenufer, um dort hochaufspritzend zu zerschellen. Die Schiffe aber, die auf den empörten Wellen dahintreiben, schweben in der größten Gefahr, und nicht selten fällt das eine oder andere den vereinten Gewalten der Luft und des Wassers zur Beute. Trockenheit und Wärme. Der Föhn ist ungemein trocken und warm, mitunter sogar heiß. Der tägliche Gang der Temperatur wird durch ihn völlig gestört, ja manchmal geradezu umgekehrt. Entwickelt sich z. B. der Föhn nach- mittags und dauert bis iu die Nacht hinein fort, so kann es vorkommen, daß abends um 9 Uhr das Thermometer um 10° höher steht als mittags 1 Uhr. Ja selbst im Dezember und Januar steigt während des Föhns die Wärme mit- unter auf 15 bis 18° C. Die relative Feuchtigkeit der Luft bleibt stets hinter dem sonst gewöhnlichen Mittelwert weit zurück und sinkt in einzelnen Fällen bis ans 25 °/0; ja bei einem Föhnsturm am 10. Dezember 1856 betrug sie iu Bludeuz sogar nur 13°/0. Schädliche Wirkungen. Die trockene Wärme des Föhns wirkt erschlaffend anf alle Organismen. „Unruhig ziehen sich die Gemsen auf die Nordseite des Berges oder in tiefe Felsenkessel", schreibt v. Tschndi. „Kühe, Pferde, Ziegen suchen mit Mißbehagen nach frischer Luft, während der Föhn ihnen Rachen und Lunge austrocknet. Kein Vogel ist in Wald und Feld zu erblicken. Die Menschen teilen das allgemeine Unbehagen, das beengend aus Nerven und Sehnen wirkt und dem Gemüte eine lastende Bangigkeit aufdrängt." Weht der Föhn zur Blütezeit der Bäume, so welken die Blüten und fallen versengt zu Boden. Das während des Winters aufbewahrte Heu darf beim Föhn nicht aus dem Speicher weggebracht werden, denn es zerkrümelt und zerfällt zu Staub. Besonders gefährlich wird der Föhn noch dadurch, daß er das Holzwerk der Häuser stark austrockuet. Ein einziger Fuuke kauu dann leicht Veranlassung zu einem Brande werden, bei dem alle Löschversnche vergeblich sein würden. Schon manche Ortschaft ist beim Föhn ein Raub der Flammen geworden, so z. B. 1861 das Städtchen Glarns, 1892 das Dorf Grindelwald. In einigen Kantonen der Schweiz war es deshalb früher verboten, während des Föhns anf der Straße zu rauchen; in manchen Gegenden durfte fogar kein Herdfeuer brennen, und Feuerwachen zogen rasch von Haus zu Haus, um sich vou dem Auslöschen zu überzeugen.
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