1905 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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das Tessintal aufwärts und dann über den Paß ins Tal der Reuß. Verfolgen wir nun
in Gedanken eine Luftschicht, deren Ausgangspunkt der Lago maggiore (200 m) ist. Sie
sei mit Wasserdampf gesättigt und habe eine Wärme von -|-150 C. Bei ihrem Empor-
steigen verdichtet sich ein Teil ihres Dampfgehaltes und geht als Regen nieder. Zugleich
sinkt ihre Temperatur und zwar, da sie 1900 m aufwärts steigt, um 19 x 1/9° = 9^20 C.
Ihre Wärme beträgt auf der Paßhöhe also H-ö1//. Auf ihrem weiteren Wege bis zum
Vierwaldstätter See erwärmt sie sich aber wieder und zwar um 1 vollen Grad für je
100 in, also um 1?o. Während ihre Wärme am Lago maggiore 150 C. betrug, ist sie
am Vierwaldstätter See auf 221/2° gestiegen.1) Aus dem bisher Angeführten geht also
hervor, daß das Thermometer während des Föhnsturms allmählich noch weiter in die
Höhe gehen muß und zwar in dem Maße, als die jenseit des Gebirgswalles liegenden
tieferen, feuchtwarmen Luftschichten in den Strom hineingezogen werden.
Auch die Trockenheit des Föhnwindes wird jetzt verständlich. Die Luft hat, wenn
sie in der Tiefe ankommt, noch dieselbe Fenchtigkeitsmenge, die sie auf der Höhe besaß;
bei der jetzigen Temperatur aber könnte sie viel mehr Wasserdampf aufnehmen, und sie
muß darum als sehr trocken erscheinen.
14. Abnahme der Wärme bei zunehmender Höhe.
a. Tatsachen.
Je höher man in den Alpen emporsteigt, desto mehr nimmt die Wärme
ab. Das ist nicht bloß in den Alpen so, das gilt von allen Gebirgen der Erde.
Nirgends aber ist diese Erscheinung so auffallend wie bei den Hochgebirgen der
heißen Zone. Während an ihrem Fuße ein ewiger Sommer herrscht, erglänzen
ihre Gipfel jahraus jahrein im Schnee- und Eismantel. Steigt man an ihnen
empor, so kann man in kürzester Zeit gewissermaßen alle Zonen der Erde, von
der heißen bis zur kalten Zone, durchwandern. Aber auch bei niedrigen Ge-
birgen läßt sich die Wärmeabnahme nach der Höhe zu beobachten. Der erste
Schnee im Herbste, der letzte int Frühlinge fällt auf den Bergen, und wenn
unten im Tale der Lenz schon seinen Einzug gehalten hat, weht aus den Höhen
oft noch eine schneidend kalte Luft. Ja in vielen Tälern sind die einige Stunden
aufwärts ansässigen Bewohner in den Lenz- und Erntearbeiten regelmäßig um
1 bis 2 Wochen gegen ihre tiefer wohnenden Landsleute zurück. Auch bei
Fahrten mit dem Luftballon kann man die Wärmeabnahme nach der Höhe zu
beobachten. Zwei Naturforscher (Barral und Bixio), die im Sommer 1850 in
50 Minuten über 7000 m emporstiegen, bemerkten ein Sinken der Temperatur
um 55° C. Bei ihrer Auffahrt zeigte das Thermometer 16° Wärme und sank
dann rasch bis auf 39° unter Null. Ein andrer Forscher fand in einer Höhe
von 11000 in — 20°, während das Thermometer am Boden-s-15° zeigte.
*) Die angeführten Zahlen haben natürlich nur in der Theorie volle Gültigkeit.
In der Wirklichkeit müssen noch andere Umstände mit in Rechnung gezogen werden, so
namentlich die Abkühlung, die die Luft durch ihr Hinstreichen über die kalten Berggipfel
und die Verdunstung und Schmelzung des Schnees erleidet n. s. w.
gtcf. I. Band. 4