1905 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Oberlauf der Salz ach und der Guus; im O. die Mur, die Drau und die
Sau. — Die Längentäler sind in ihrem mittleren und unteren Teile meist sauft
geneigt und mitunter von ansehnlicher Breite. So dehnt sich z. B. das Jnntal
in der Nähe von Innsbruck bis zu einer Stunde aus. Sie eignen sich darum
auch am besten für den Anbau und zur Ansiedelung der Menschen und sind
infolgedessen die am dichtesten bewohnten Alpentäler.
Von andrer Beschaffenheit sind die Quertäler. Sie sind gewöhnlich viel
kürzer als die Läugeutäler und steigen darum auch rascher an. Die Flüsse
strömen mit reißender Schnelligkeit abwärts und bilden Stromschnellen und
Wasserfälle. Nicht selten liegen die einzelnen Talabschnitte stufenförmig über-
einander und bilden weite Talbecken, sog. Kesseltäler, die durch enge, wilde,
oft stundenlange Felsenschluchten miteinander verbunden sind. Die Schluchten
sind häufig so eng, daß nicht einmal ein Weg hindnrchgesührt werden kann.
Himmelhoch starren die wilden Felsmassen empor, und ties uuten stürzt tosend
und schäumeud der Fluß von Fall zu Fall, Trümmer und Felsblöcke mit sich
fortreißeud. Es siud die schauerlichsten Teile des Alpengebirges. Wahrscheinlich
sind die Kesseltäler ehemals Seebecken gewesen. An der niedrigsten Stelle des
Uferrandes floß das Wasser ab und hat dann im Lanfe der Jahrtausende die
Felswände durchgesägt und sich immer tiefer in die Gesteinsmassen eingegraben.
— Die wichtigsten Quertäler der Alpen sind die der Reuß (G. 64) und der
Etsch. Auch Rhoue, Rhein, Inn, Salzach und Enns bilden auf eine
größere Strecke Quertäler. Ehe sie nämlich das Gebirge verlassen, machen sie
eine scharfe Biegung nach N. und durchbrechen die vorgelagerten Bergketten,
wobei einige von ihnen enge Schluchten (Klausen) bilden.
b. Haupt- und Nebentäler.
Betrachtet man die Täler nach ihrem Verhältnis zueinander, so kann man
Haupt- und Nebentäler unterscheiden. Haupttäler nennen wir die großen
und tiefen Täler, die bis zum Ausgang des Gebirges hinabführen. Neben-
täler sind kleinere Täler, die sich von rechts und links nach dem Haupttale
ösfueu. Meist haben diese wieder Seitentäler, die man als Täler dritter
Ordnung bezeichnen kann. Jedes Haupttal bildet mit seinen Neben- und Seiten-
tälern ein zusammenhängendes Ganzes, ein Talsystem.
Die Haupttäler sind ties in das Gebirge eingesenkt und haben oft eine
bedeutende Breite. Sie sind nicht nnr ausgezeichnet durch großartige und Wechsel-
volle Naturschönheiten, sie sind auch der Sitz eiuer reichen Knltnr und eines regen
Lebens. In ihren Talebenen erblickt man in buntem Wechsel Korn- und Mais-
selder, Wiesen, Gebüsche und Gruppen prachtvoller Ahornbäume. Auf der Süd-
seite der Alpen gedeihen anßer trefflichem Obst und Wein sogar Feigen und
Mandeln. Durch diese Talebenen ziehen auch die großen Alpenstraßen, und