1905 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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am Quertal der Rhone und werden im O. und N.-O. vom Tal der Aare
begrenzt. Sie bilden eine geschlossene Kette von 100 km Länge und 30 km
Breite, die an Höhe den Walliser A. nur wenig nachsteht und an großartigen
Naturschönheiten mindestens gleichkommt. Zum Rhonetal fallen sie meist steil
ab, im N. dagegen ist der Hauptkamin von einem breiten Gürtel von Vor-
bergen umgeben, dnrch die zahlreiche, z. T. schlnchtenartige Täler in das Innere
des Gebirges hineinführen. Die höchsten Gipfel liegen im O., wo der Kamm
zu einer breiten Bergmasse anschwillt, die wohl doppelt so groß ist als der
Mont Blaucstock. Nirgend sonst in den Alpen liegen die gewaltigen Berggipfel
so nahe beieinander, finden sich so ausgedehnte Schneefelder, so ungeheure
Gletscher. Hier erhebt sich aus der Mitte der Eis- und Gletscherwelt die steile
Pyramide des Finsteraarhorns (4275 m) und das nur wenig niedrigere
Aletschhorn, von dem aus sich der 24 km lange Aletschgletscher, der
größte aller Alpengletscher, zum Rhonetale hinzieht (Fig. 3, S. 33; G. 63;
L., Der Aletschgletscher). Den großartigsten Anblick gewährt die Nordseite des
Massivs, wo sich ein mächtiger Gipfel an den andern reiht, unter denen
Jungfrau (4200 m), Mönch (4100 m), Eiger (4000 m) und Schreck-
horn (4100 m) die bekanntesten sind.
Das „Berner Oberland", wie man die Berner A. auch nennt, ist wohl
der am meisten besuchte Teil der Alpen. Den Ausgangspunkt für die Berg-
tonren bildet gewöhnlich das freundliche Jnterlaken, das zwischen den von
der Aare durchströmten Seen von Brienz und Thun liegt nud fast ganz aus
Gasthäusern besteht (G. 61).
Die beiden Seen bildeten ursprünglich ein Becken, das aber durch die von S.
kommende Lütschine in der Mitte zugeschüttet worden ist. Ihr Tal, das Lauter-
brunnental, und das ihres rechten Nebenflusses, der Schwarzen Lütschine, in der das Dorf
Grindelwald liegt, führen bequem in die Welt der Hochalpen hinein. Zwischen beiden
liegt die Wengern Alp, über die eine Zahnradbahn von Lauterbrunnen nach Grindel-
wald führt. Die Wengern Alp bietet den großartigsten Blick auf die Bergkolosse der
Jungfrau, des Mönchs und des Eigers, die unmittelbar nebeneinander liegen.
Der herrlichste unter diesen Bergen ist die Jungfrau. Ein schmales Felsental trennt
sie von der Wengern Alp. „Bon dieser aus gesehen, zeigt sie in allen ihren Teilen nicht
das geringste Mißverhältnis. Bald über dem Fuße nimmt der Umfang des Berges
ungefähr in solchem Verhältnis mit der steigenden Höhe ab, in dem die Knnst Türme,
Pyramiden oder andere emporsteigende Werke abnehmen lassen würde, die einen festen
Grund und nirgends ein drückendes Übergewicht haben sollten." Sie ist ganz mit
blendendweißem Schnee überdeckt. Schiller singt von ihr:
Es sitzt die Königin hoch und klar
Auf unvergänglichem Throne,
Die Stirn umkränzt sie sich wunderbar
Mit diamantener Krone;
Drauf schießt die Sonne die Pfeile von Licht,
Sie vergolden sie nur, sie erwärmen sie nicht.