1905 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Der Hauptanziehungspunkt Heidelbergs ist die gewaltige Schloßruine, die links von
waldiger Bergeshöhe herabschaut. (G. 91). Ter Blick von hier auf die zu unsern Füßen
liegende Stadt und auf das Neckartal ist großartig, und wer hier einmal gestanden hat,
dem hat sich das herrliche Bild unvergänglich eingeprägt. Die Schloßruine aber ist die
großartigste und schönste von ganz Deutschland. Das gewaltige Bauwerk bildet ein Viereck,
das eigentlich aus vier Schlössern zusammengesetzt ist, die zu verschiedenen Zeiten ent-
standen sind und die Namen der Fürsten tragen, die sie erbaut haben. In der Mitte ist
ein großer Hofraum. Der schönste Teil des Schlosses ist der Otto Heinrichsbau, der auch
am besten erhalten geblieben ist. In einem Kellerraum befindet sich das berühmte Heidel-
berger Faß. Es ist 10 m lang und 8 m hoch und faßt über 1/4 Mill. Flaschen. Zweimal
soll es mit Wein gefüllt gewesen sein. Durch eine Pumpe wurde das kostbare Naß in den
darüber liegenden Saal befördert. — Die Heidelberger Schloßruiue hält die Erinnerung wach
an eine der trübsten Zeiten Deutschlands, wo der französische König Ludwig Xiv. in seinen
schändlichen Raubzügen die Länder am Rhein verheerte. Zu jener Zeit (1689) sank auch
Heidelberg, damals die Hauptstadt der Pfalz, iu Asche, und der französische General Melac
ließ hohnlachend den Hauptturm und die Festungswerke des Schlosses sprengen, die
Gemächer aber ausbrennen. Die Ruinen werden jetzt vor weiterem Verfall sorgfältig
geschützt, und in letzter Zeit ist der Plan entstanden, das Schloß, oder wenigstens einen
Teil, wieder neu aufzubauen. — Heidelberg hat auch eine stark besuchte Universität.
Sie ist die älteste Hochschule Deutschlands und konnte im Jahre 1886 ihr fünfhundert-
jähriges Bestehen feiern. In Heidelberg wurde vou zwei Professoren, Olevianus und
Ursinns, der Heidelberger Katechismus abgefaßt, das Glaubensbekenntnis der reformierten
Kirche.
b) Im Elsaß:
Im S., in der Nähe der Burgundischen Pforte, Mülhausen (94000 E.), die be-
deuteudste Fabrikstadt im Elsaß. Es liegt au der Jll, nicht weit vom Rhein-Rhone-Kanal,
der hier zu zwei großen Hafenbecken erweitert ist. Die Stadt hat große Maschinenfabriken,
Stoffdruckereien, viele Baumwollenspinnereien und Webereien, sowie große Farbenfabriken.
Auch der Handel ist bedeutend. — Weiter abwärts an der Jll liegt Kolmar (39000 E.),
ebenfalls Fabrikstadt. In der Nähe das Lügenfeld, wo Ludwig der Fromme von seinen
Kriegern treulos verlassen wurde.
Die Hauptstadt des Elsaß ist Straßburg (163000 E.) au der untern Jll, etwa
1 Stunde vom Rheine, mit dem es dnrch den Rhein-Marne-Kanal verbunden ist. Der
Name der Stadt weist auf ihre für den Verkehr überaus günstige Lage hin. „Hier
werden die Ufer des Rheins, der auf einer langen Strecke oberhalb und unterhalb dieser
Stelle keine größere Ansiedlnng noch Überbrückung gestattete, fest und erlauben die Anlage
eines gesicherten Ubergangspunktes. Hier gewinnt der Rhein erst einigermaßen ungehinderte
Schissbarkeit, hier münden die schiffbare Jll, die natürliche Fortsetzung des Rheins und
Verbindung mit den oberhalb gelegenen Städten des Elsaß. Im W. aber erniedrigt sich
der Wall des Wasgenwaldes im Paß von Zabern^ so daß die Anlage einer Landstraße,
einer Eisenbahn und sogar einer Wasserstraße (Rhein-Marne-Kanal) möglich war. Der
Zaberner Senke aber entspricht im O. der Paß von Pforzheim, der in das Neckarbecken
führt, und die alte Kinzigstraße mit der Schwarzwaldbahn, die die Verbindung mit der
Süddeutschen Hochfläche vermittelt. So schneiden sich hier also wichtige und große Verkehrs-
linien. Kein Wunder, daß sich Straßburg zum Mittelpunkt des Kriegswesens, der Ver-
waltung und des Handels für einen umfassenden Bezirk emporschwang. Daher wurde
Straßburg eine gewaltige Festung, die Hauptstadt des elsässischeu Landes und
der Handelsmittelpunkt des ganzen Oberrheins. Eine Stadt in solcher Lage mußte
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