1906 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 36 —
förmigen Vertiefungen der Hochebene dem Wasser nicht den gehörigen Abfluß. Die Nässe
ist des Westerwaldes schlimmste Feindin; sie ist ein hauptsächlicher Grund seines rauhen
Klimas, und in regnerischen Jahren verdirbt sie dem Landmanne die Früchte seines
Fleißes. Dann verfault die Kartoffel in dem fetten, feuchten Boden, und das Getreide,
so viel dessen in der Nässe aufkommt, will nicht reifen. Man hat daher dem Westerwalds
durch Entwässerungsgräben zu helfen gesucht; man hat ferner, um die Gewalt der Winde
zu brechen, hier und da Schutzhecken von Tannen gepflanzt; doch sind diese Versuche bis
jetzt noch nicht von hinreichendem Erfolge gewesen."
Wie in der Eifel, so zeigen sich auch im Westerwalds zahlreiche Spuren
vulkanischer Tätigkeit. Krater findet man allerdings nirgends, wohl aber eine
Menge von Kuppen aus Basalt und Trachyt.
Erzeugnisse. Ackerbau und Viehzucht sind die Haupterwerbsquellen der
Westerwälder. Namentlich die Viehzucht wird durch die schönen Gebirgsweiden
und die wiesenreichen Talgründe begünstigt. In seinem Innern birgt der
Westerwald große Braunkohlenlager. Sie sind in der Tertiärperiode ent-
standen und häufig von Basaltmassen überdeckt, durch die sie vor der Zerstörung
und Abtragung geschützt worden sind. Bedeutend wertvoller sind die zahlreichen
Eisensteingänge, die besonders an den Rändern des Gebirges auftreten und
in den Tälern der Lahn und Sieg eine bedeutende Eisenindustrie hervorgerufen
haben. Nicht vergessen werden darf ein eigentümlicher Industriezweig, der iu
der Südwestecke des Westerwaldes zu Hause ist. Dort finden sich nämlich große
Lager trefflicher, bildsamer Tonerde, die zur Entstehung eines blühenden Töpfer-
gewerbes Anlaß gegeben haben. Den Mittelpunkt des Industriegebiets, des
sog. „Kannebäckerlandes", bilden die Orte Höhr und Grenzhausen, wo
allein gegen 90 Tonwarenfabriken bestehen. Man fertigt Einmachtöpfe, Schüsseln,
Bier- und Mineralwasserkrüge, Tonpfeifen, Tonröhren n. dergl., aber auch
feinere, kunstvoll gearbeitete Sachen wie Bowlen, Vasen nsw. Von besonderer Be-
deutung ist diese Industrie für den Taunus und die Eifel mit ihren Mineral-
quellen, da die Millionen von Krügen, die hier alljährlich für den Wasser-
Versand erforderlich sind, aus der Nähe und darum billig bezogen werden
können, wie umgekehrt der Miueralwasserversand auch wieder zur Entwicklung
des Töpfergewerbes beigetragen hat.
Die Tonerde des Westerwaldes ist durch die Verwitterung verschiedener feldspatreicher
Gesteine, vorwiegend des Trachyts, entstanden. Das Wasser hat dann die zerfallenen
Massen mit fortgespült und am Grunde von Binnenseen oder ruhigen Flußarmen ab-
gelagert. Auf diese Weise sind mächtige Schichten entstanden, die z. T. wieder von anderen
Bildungen überdeckt sind. Die Farbe des Tons ist je nach den Beimengungen verschieden:
weißlich, blaugrau, rötlich oder gelb. Man gewinnt den Ton in Gruben, indem man ihn
mit Spaten absticht. Ehe er verwendet werden kann, muß er noch mannigfach verarbeitet
werden. Er wird durch Maschinen zerkleinert, gemahlen, im Wasser geschlemmt und durch
feine Siebe von Sand und Steinchen gereinigt.
Das Töpfergewerbe des Westerwaldes stand bereits in den letzten Jahrhunderten des
Mittelalters in Blüte, und es wurden damals Sachen von hohem künstlerischen Werte