1906 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 116 —
die Bergformen wie die Täler beider charakteristische Unterschiede. Wenige Ausnahmen
abgerechnet, sind die Berge des Schiefergebirges abgerundete Höhen, und die Taleinschnitte
haben bei aller Steilheit, die vielen, insbesondere auch dem Rheintale, eigen ist, doch
selten schroffe Gehänge. Was dem Elbsandsteingebirge sein eigenartiges Gepräge verleiht,
die engen Schluchten, die senkrechten oder fast senkrechten Abstürze und das wilde Felsen-
gewirr, findet sich dort nur als ganz vereinzelte Erscheinung. Ihre Ursache haben diese
Unterschiede in der Ungleichheit des Gesteins beider Gebirge. Der Sandstein der
Sächsischen Schweiz ist von vielen senkrecht verlaufenden Rissen und Sprüngen durchsetzt,
die ihn in zahllose Blöcke zerlegen und ihm den Namen Quadersandstein eingetragen
haben. Diese Sprünge werden von den atmosphärischen Einflüssen erweitert, wodurch
sich Felswände in Säulengruppen, Felsvorsprünge in isolierte Türme und Zinnen ver-
wandeln. In den Spalten verschwindet weiter sofort das Regenwasser, das sich darum
nicht wie auf undurchlässigem Boden ansammeln und oberflächlich abfließen kann. Das
Abspülen und Abwaschen der Gehänge, das sonst in der Oberflächengestaltung eine große
Rolle spielt, tritt also im Gebiete des Quadersandsteins zurück, und daher behalten die
Felswände ihre schroffen und steilen Formen.
Selbstverständlich arbeiten die Naturkräfte auch heute noch unausgesetzt an der
Zerstörung des Gebirges. „Der auf die Felsen fallende Regen lockert den Zusammenhang
der Sandkörnchen, und es bilden sich Auswaschungen, die sich immer mehr vergrößern.
Eingedrungenes Wasser dehnt sich durch Gefrieren im Winter aus und sprengt gewisser-
maßen die Felsen. Auch das Pflanzenleben hilft mit an der Zerstörungsarbeit: Baum-
wurzeln dringen in die Spalten und Klüfte, an geeigneten Stellen wachsen Moose, und
die durch sie angezogene Feuchtigkeit lockert den Znsammenhang des Gesteins, es bilden
sich Risse, Löcher, Höhlen. Fortwährend lösen sich Sand, auch größere Stücke Gesteins,
ja ganze Felsblöcke ab, stürzen in die Tiefe und vergrößern die Schutthalden, die sich am
Fuße der Tafelberge und Felswände im Laufe der Zeit augehäuft haben. Auch ganze
Wände stürzen zusammen, wie die an vielen Orten in wildem Chaos umherliegenden
Blöcke beweisen. Immerhin geht die Zerstörung der Felsen so außerordentlich langsam
vor sich, daß man schon hieraus entnehmen kann, welche ungeheuren Zeiträume die
Gestaltung der heutigen Oberfläche in Anspruch genommen hat." (Trinius.)
Früher und jetzt. Noch im Il. Jahrhundert war das Elbsandsteingebirge
eine fast unzugängliche Wildnis, die in Kriegszeiten den Anwohnern erwünschte
Zufluchtsstätten und Verstecke bot. Nur mit großen Mühen und Gefahren konnte
es durchwandert werden. Auch das Elbtal war ganz unzugänglich. Aller Ver-
kehr zwischen Dresden und Böhmen ging von Pirna aus über das Ostende
des Erzgebirges, den Nollendorfer Paß. Daher schlugen bei Beginn des
Siebenjährigen Krieges die Sachsen hier bei Pirna ein befestigtes Lager auf,
weil sie auf diesem Wege Zuzug von Böhmen erwarteten, und 1813 fanden
um den Paß selbst heftige Kämpfe statt, als Napoleon den bei Dresden ge-
schlagenen Verbündeten den Rückzug nach Böhmen abschneiden wollte. (Kulm
und Nollendorf.) Jetzt ist das Elbtal dnrch Felssprengungen wegsam gemacht.
Neben einer Landstraße führt aus dem linken Flußufer eiue Eisenbahn von
Sachsen nach Böhmen, eine der Hauptverkehrslinien Mitteleuropas (Berlin-Wien),
der Strom ist eiue vielbesahreue Schisfahrtsstraße geworden, und seit man die
Schönheiten des Gebirges, die man früher gänzlich unbeachtet gelassen, entdeckt
hat, ist auch in den übrigen Teilen der Landschaft nach und nach jedes Ver-