1906 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 183 —
„Mit der Heide schwindet eine der reizvollsten Landschaften, mindestens aber die
eigenartigste Gegend Deutschlands, mit ihr die Heidebiene, die den herrlichsten Honig
liefert, mit ihr die Heidfchnucke, mit ihr der Heidjer selbst, dem die umliegenden Rand-
städte Hannover, Lüneburg, Hamburg, Harburg und Bremen manche ihrer angesehensten
Geschlechter verdanken. Der Staat hofft durch das Aufforsten eine höhere Rente aus dem
Heideboden zu ziehen. Wenn nun hier wenigstens Waldboden wäre, in dem die Föhren
gut gedeihen würden und man Hoffnung auf einstigen schönen Wald hegen könnte! Das
ist aber nur ganz vereinzelt der Fall. Man kann sich kaum einen trostloseren Gegensatz
denken, als wenn man auf einer Wanderung aus der leuchtenden blühenden Heide in einen
solchen künstlichen Forst kommt. In schnurgeraden Reihen stehen hier junge, kümmerliche,
mehr tote, als lebendige Föhrenbänmchen, verschmachtend 'in dem nahrungsarmen Boden,
vertrocknend unter der glühenden Sonne. Und so soll in 20—30 Jahren die Heide aus-
sehen? — Es ist auch fraglich, ob die Rechnung der Regierung stimmt. Bei dem kargen
Boden der Heide ist eine Bevölkerung nur möglich, wenn ihr überall die freie Heide zur
Verfügung steht. Ein besserer Heidjer zieht heute noch aus seinen Schnncken einen jährlichen
Nutzen von 1000—3000 Ji, aus seinen Bienenstöcken 500—1000 Ji Aber mit jedem Jahre
vermindert sich die Zahl dieser Nutztiere. Von 300000 Schnucken im Jahre 1861 waren
1900 nur noch etwa 100000 übrig; von 140000 Bienenstöcken im Jahre 1857 sank ihre Zahl
auf 66000 im Jahre 1900. Rechnen wir den Wert einer Schnucke auf nur 10 Ji, so haben wir
allein für diese beiden Tiere eine Einbuße von fast 3 Mill. Ji in 40 Jahreu oder 75000 J6
in einem Jahre. Und seit 1900 ist ihre Zahl mit noch größerer Schnelligkeit gesunken. Und
was ist die Folge dieser Aufforstungen? Der kleine Heidjer, der seither immer noch sein hartes,
aber genügendes Auskommen findet, verschwindet zuerst. Er muß entweder Tagelöhner
werden, oder er wandert zur Stadt. Ihm nach folgt sicher auch die Mehrzahl der größeren
Heidjer. Das fruchtbare Ackerland in der Heide kann nur wenige Großbauern ernähren;
alle andern müssen früher oder später den Platz räumen, und aus den freien, kernigen
Heidebauern wird Großstadtproletariat. — Noch eins. Seit etwa 10 Jahren erfreut sich
die Heide in rasch zunehmendem Maße der Gunst der Naturfreunde in den Randstädten.
Zu Taufenden ziehen sie hinaus in die Heide, um sich Stärkung und Erholung in ihr
zu holen. Namentlich sind es die weniger bemittelten Klassen, die in die heute noch außer-
ordentlich billige Heide zur Sommerfrische gehen. Welche Menge Geldes wird dadurch in
die Heide gebracht! Und der ideelle und gesundheitliche Nutzen kann gar nicht hoch genug
angerechnet werden. Das alles wird zwar nicht ganz wegfallen, aber doch größtenteils
aufhören, wenn statt der weiten Heidefläche hier trostloser, kümmernder, austrocknender
Kiefernforst herrscht." (Umschau 1905, Heft 25.)
b. Die Moore.
Verbreitnngsbezirk. Auch in andern Teilen Deutschlands gibt es Moore,
z. B. auf der Oberdeutschen Hochebene, im Böhmerwalde, in der Eifel, im ö.
Tiefland. Nirgends aber ist ihre Zahl so groß, nirgends erreichen sie eine
solche Ausdehnung wie im Gebiete der unteren Ems und Weser. Das größte
ist das Bourtanger Moor, das sich auf der linken Seite der Ems hinzieht
und auf der Grenze von Deutschland und Holland liegt. Es bedeckt einen
Flächenraum von 1400 qkm, wovon etwas mehr als 2/3 unserem Vaterlande
angehören. Andre große Moorflächen sind das Saterland ö. der unteren
Ems und das Teufelsmoor nö. von Bremen, deren jedes ungefähr 200 qkm
umfaßt.